Am Montag abend hat’s gekracht – nur leider anders, als erhofft: anstelle eines schicken Actionfilms mit Jean Reno, den sich der Herr Sathom zu Gemüte führen wollte, peinigte ihn das ZDF mit nicht enden wollender Berichterstattung über die von der Bundesregierung selbigen Tages beschlossenen Sparmaßnahmen. Hart trifft es einmal mehr die ohnehin gebeutelten sozial Schwachen: massive Einsparungen bei ALG- und Hartz IV-Empfängern, darunter kompletter Wegfall des Elterngeldes für letztere ebenso wie der Rentenvorsorge, die ohnehin spärlich war: Altersarmut beinahe vorprogrammiert.
Dennoch: es gehe nicht anders, und man habe ein sozial gerechtes und ausgewogenes Sparpaket geschnürt, versicherten treuherzigen Augenaufschlags Herr Westerwelle und andere Regierungsvertreter. Immerhin, nicht wahr, sollen jährlich 5 Milliarden am Sozialstaat eingespart werden, 5 weitere an anderer Stelle, etwa bei der Wirtschaft, fifty-fifty also, zu gleichen Teilen somit und daher ganz doll gerecht. Und auch Frau von der Leyen freut sich, daß man die „Balance gehalten“ habe.
Wirklich? Sicher, 80 Milliarden sollen, müssen eingespart werden, und daß es ohne schmerzhafte Einschnitte allerorten nicht gehen würde, hat sich jeder, der nicht weltabgeschlossen im Einmachglas lebt, vorher denken können. Und da die Sozialausgaben 50% des Staatshaushalts ausmachen, muß auch klar sein, daß man an Einsparungen an dieser Stelle nicht vorbeikam. Auch die Verteilung der Sparmaßnahmen auf unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen klingt ja zunächst einmal ganz fair. Nur leider, leider fällt auf, daß es ganz so dann doch nicht, daß das Ganze vielmehr weitaus weniger gerecht als behauptet, und einigermaßen hinterfotzig obendrein ist.
Betrachtet man die Sache einmal genauer, ergibt sich nämlich ein ganz anderes Bild. Denn dann fällt auf, daß sich die beschlossenen sozialstaatlichen Kürzungen von den Maßnahmen der anderen Sparpakethälfte auf interessante Weise unterscheiden. Unverrückbar in Stein gemeißelt sind nämlich nur diejenigen Pläne, welche die Belastung der Armen, der sozial Schwachen, der Hartz IV-Empfänger und teilweise auch der „gewöhnlichen“ Bürger vorsehen, sogar bereits konkret festschreiben, während den in der anderen Hälfte des Sparpakets enthaltenen Maßnahmen eine eigenartige Unschärfe eignet. Weder steht bei einzelnen dieser Maßnahmen fest, ob sie wirklich kommen werden, noch werden sie – anders als die Einsparungen beim Sozialstaat – als unbedingtes Muß gehandelt; vielmehr wird ihre tatsächliche Umsetzung abhängig gemacht von weiteren Umständen, die erst noch eintreten müssen (was keineswegs sicher, aber politisch gewollt ist), und damit nicht genug: bestimmte, ganz offensichtlich auf der Hand liegende und sinnvolle Sparmaßnahmen nämlich sind in dieser Hälfte des Sparpakets völlig außen vor geblieben (s.u.).
Nehmen wir beispielsweise die Brennelemente-Steuer: anders als die Kürzungen bei Hartz IV-Empfängern und anderen sozial Schwachen ist diese Steuer keineswegs felsenfest beschlossene Sache, sondern abhängig von einer Laufzeitverlängerung für AKWs. Nun stand diese Laufzeitverlängerung bisher nicht nur keineswegs sicher fest, sondern war ein Anliegen der schwarz-gelben Regierung, gegen welches es vielfältigen Protest und Widerstand gab. Durch die Koppelung der Verlängerung an die Sparmaßnahmen wird nun aus der bisherigen Frage „Wollen wir längere Laufzeiten für AKWs?“ ein wimpernklimperndes „Wir müssen – alternativlos (um ein Lieblingswort der Kanzlerin zu zitieren) – längere Laufzeiten haben, um sparen zu können – ooooder sollen wir den Hartz IV-Empfängern noch tiefer in die Tasche greifen?“ Anders formuliert: ein prima Druckmittel, das man da jetzt gegenüber dem Bundesrat hat, der die Laufzeitverlängerung bisher noch hätte scheitern lassen können. Denn nun ist diese Verlängerung unabdingbar – wir müssen ja sparen, und zwar „intelligent“ und ausgewogen, nicht wahr, es geht also nicht anders, die AKWs müssen länger laufen, denn sonst gibt es keine Brennelemente-Steuer und somit weniger Verringerung der Neuverschuldung, leider – so sorry. Allerdings, sehr intelligent wird da gespart, ausgewogen weniger, insgesamt also: eher gerissen schlau als wirklich intelligent. Man könnte wohl durchaus, wäre man ein Schelm, der Arges bei solcherlei denkt, auf die Idee kommen, daß die Laufzeitverlängerung hier unter dem Vorwand einer Sparnotwendigkeit am demokratischen Meinungsbildungs- und Beschlußprozeß vorbeigemogelt werden soll. Wer Gegenteiliges behauptet, müßte Herrn Sathom jedenfalls erklären, wieso man diese bisher nie auch nur angedachte Steuer jetzt so plötzlich über Nacht aus dem Ärmel schütteln konnte, während man andere, viel naheliegendere Sparmöglichkeiten – etwa die Rücknahme der Steuergeschenke für die Hotelbranche – vollkommen außer Acht gelassen hat (so wie überhaupt der Klientel der schwarz-gelben Herrschaften kaum wirklich ans Portefeuille gegangen wird). Womöglich hat Herr Gysi (den Herr Sathom durchaus nicht liebt) ja mit seiner sicherlich hoch gegriffenen Äußerung, die Sparpläne seien ein Anschlag auf die Demokratie, doch nicht ganz so unrecht, wie ein ( ansonsten recht besonnen analysierender) ZDF-Kommentator am Abend der Sparplanverkündigung wissen wollte?
Und überhaupt: ist jemandem aufgefallen, daß die jetzt beschlossenen Sparpläne auch Herrn Westerwelle das Geschenk in den Schoß fallen lassen, den – polemisieren wir ruhig – Vernichtungsfeldzug gegen die „römisch-dekadenten“ sozial Schwachen, den er sich doch so heiß und innig gewünscht hat, nun unter der Flagge des Sachzwangs doch noch in Gang zu setzen? Tatsächlich: betrachtet man die Sparpläne genauer, erwecken sie den Eindruck, daß die konkreten, mit Sicherheit kommenden Einsparungen nur in der Hälfte des Sparpakets enthalten sind, welche die Armen oder von Armut bedrohten betrifft, während die angeblich das Ganze „ausgewogen“ und „gerecht“ machenden Pläne der anderen Pakethälfte zumindest teilweise Vehikel sind, trojanische Pferde quasi, um ohnehin gewünschte politische Ziele unter dem Vorwand des Sparens durchzudrücken. Wohlgemerkt: der Sparzwang als solcher ist unleugbar; wenn Herr Sathom hier von Vorwänden redet, so hebt er darauf ab, daß der Sparerfolg derjenigen Maßnahmen, die nicht die sozial Schwachen treffen, keineswegs sicher, ja die Umsetzung der Pläne selbst dies nicht ist, während sie zugleich als Mogelpackung ganz andere, mit dem Sparen nicht zwangsläufig zusammenhängende politische Absichten enthalten – und dabei auch noch eine ganz bestimmte Klientel vom allgemeinen Sparzwang ausnehmen.
Das Verhalten einiger Politiker am Abend der Sparplanverkündigung läßt bei Alledem den Eindruck zu, daß sie auch ganz genau wissen, daß sie mit diesem Paket die Leute verarschen. So erklärte doch am Montag abend Frau von der Laien Leyen tatsächlich auf hartnäckiges Nachfragen einer ZDF-Interviewerin bezüglich eben jener hier auch von Herrn Sathom benannten gar nicht so sicheren Sparmaßnahmen treuherzig, doch, doch, deren Kommen sei auch ganz sicher, denn man habe ja jetzt den „Auftrag“, dafür zu sorgen, daß sie kämen. Aha. Naivität oder mit Unschuldsmiene gespielte, treudoofe Scheinheiligkeit? Einerlei: solch sonnige Pausbäckigkeit muß man sich an den Tag zu legen erst einmal trauen.
Fairerweise muß Herr Sathom der Frau von der Leyen allerdings zugestehen, daß sie, gefragt nach der Finanztransaktionssteuer (gegen die bis vor Kurzem von den Schwarz-Gelben ja noch die Ausrede vorgebracht wurde, international sei sie nicht durchsetzbar, was teilweise, aber eben auch nicht durchgängig für alle Länder stimmt), ankündigte, diese käme notfalls auch im nationalen Alleingang; glauben allerdings wird Herr Sathom das, wenn er’s sieht.
Eine Frage, die Herrn Sathom außerdem umtreibt: wieso eigentlich soll ausgerechnet ein fifty-fifty-Sparpaket gerecht sein? Aus den oben genannten, von Regierungspolitikern angeführten Gründen? Herr Sathom zweifelt. Wieso hat man denn bestimmte Sparten – wie etwa die Vergünstigungen für die Hotelbranche – von den Sparmaßnahmen ausgenommen? Hätte man dann nicht, wäre auch hier eingespart bzw. Staatseinkünfte generiert worden, beispielsweise ein sechzig-zu-vierzig-Paket erstellen können? Wäre das angesichts der Belastungen und Kürzungen, welche die sozial Schwachen in den letzten Jahren ohnehin bereits erlitten, nicht viel gerechter? Ist es „gerecht“, jemandem, der 50 Euro hat, ebenso 10 Euro wegzunehmen wie jemandem, der 100 Euro hat? Wäre es nicht klüger, danach zu fragen, weshalb die Sozialausgaben des Staates so hoch sind, und endlich etwas gegen das Auseinanderklaffen der Schere zwischen Arm und Reich zu unternehmen? Sicher – das ginge wohl nur langfristiger als der aktuelle Sparzwang es zuläßt, doch mal ehrlich: es ist auch nicht gewollt, so wie es an konzeptionellen Antworten überhaupt fehlt. Die jetzigen Einsparungen sind schon weitaus länger unausweichlich und nicht erst, wie man uns jetzt noch einmal weismachen will, durch die Griechenland-Krise virulent geworden – und dennoch hat die schwarz-gelbe Koalition noch vor kurzer Zeit Steuergeschenke an ihre Klientel verteilt, die sie nun nicht zurücknimmt. Nein, die naheliegende Antwort auf Herrn Sathoms Fragen erklärt eben auch, weshalb bei einigen halt doch nicht gespart wird. Klar ist: es muß gespart werden; gespart werden soll aber nur an denen, die sich (vermeintlich jedenfalls) nicht wehren können und werden. Die angeblich balancierende, für Gerechtigkeit und Ausgewogenheit sorgen sollende andere Hälfte des Sparpakets ist nichts als ein Taschenspielertrick, welcher eine Gerechtigkeit des Vorhabens vortäuschen, klammheimlich noch andere politische Ziele durchdrücken und zugleich die Geldbeutel derer, die unsere konservativ-neoliberale Regierung liebhat, gefälligst mit nervigen Beiträgen zum Gemeinwohl verschonen soll.
So ist es denn auch nicht nur interessant, darauf zu achten, welche Sparmaßnahmen zu wessen Lasten ganz sicher kommen werden und welche nur möglicherweise (gegen die Belastung energieintensiver Wirtschaftszweige oder auch der Fluglinien werden die zuständigen Lobbyisten unter Verweis auf das zarte Pflänzchen Konjunktur der Regierung bestimmt noch Einiges zu sagen haben), und was für andere Absichten mit den Letzteren teilweise verfolgt werden, sondern auch, wo eigenartigerweise nicht gespart wird, welche Bereiche offenbar nicht einmal ins Blickfeld der verantwortlichen Politiker gerieten: ihre eigenen Pfründe beispielsweise, von denen nur die horrenden Pensionen genannt seien, die Manche kassieren, wiewohl sie sich bereits während ihrer politischen Karriere und auch nachher noch gleichzeitig an Posten und Pöstchen in der Wirtschaft gesundstoßen (gern übrigens auch in der Finanzwirtschaft, die ja hierzulande nicht umsonst weiterhin mit Samthandschuhen angefaßt wird). Aber daß etwa an einem Herrn Westerwelle gespart würde, der sein ganzes bisheriges Berufsdasein lang vom Staate und der Steuerzahler Mammon lebte, das wird man wohl nicht erleben. Und folgerichtig auch keine Reduktion der Unmengen neugeschaffener Posten hochbezahlter, fünfstellige Summen im Monat verdienender Staatssekretäre, die sich die FDP-Minister nach Amtsantritt erst einmal zusätzlich als Unterlinge gegönnt haben – und dies trotz vorangehender Verschlankungsversprechen bezüglich der Ministerialbürokratie. Es ist wie schon zu Zeiten von König Helmut: als dieser einstens meinte, nun müßten alle den Gürtel enger schnallen, meinte er eben nicht wirklich alle – allzumal schon gar nicht sich selbst.
Auch daß immerhin punktuell auch bei anderen gespart wird als bei den sozial Schwachen – etwa an der Besoldung der Beamten – kann Herr Sathom angesichts all dessen als wirklichen Ausweis für die Ausgewogenheit des Sparpakets nicht gelten lassen; vielmehr zeigt sich auch bei diesen Einsparungen: Einschnitte gemacht haben die verantwortlichen Politiker bei allen – nur nicht bei sich selbst und ihren Kumpels.
Es verbleibt Herrn Sathom der Eindruck: das Sparpaket ist eben nicht gerecht und ausgewogen, sondern täuscht dieses nur vor, wobei derjenige Teil des Pakets, der nicht den ohnehin Gebeutelten gilt, anteilig sogar nur Vehikel anderer, nicht eigentlich dem Sparen geltender Interessen ist. Der Sparzwang kommt, sozusagen, an einigen Stellen ganz gelegen. Dort, wo verantwortungsvoll und – wie von Regierungsvertretern selbst vorab verkündet – „intelligent“ gespart und gehandelt werden müßte, regieren völlig weltfremde Unkenntnis der Lebensrealität der Bevölkerung im Verein mit Verantwortungslosigkeit, Konzeptmangel, Chuzpe und Roßtäuscherei, gepaart mit der Vorstellung, man würde den Verantwortlichen diesen Scheiß schon abkaufen – was von naiver Realitätsferne ebenso künden mag wie von der unverschämten Annahme, es könne einem keiner was. Daß viele, zumal die Leser gewisser Boulevardzeitungen und anderer Machwerke eines ganz gewissen Verlags, den Scheiß tatsächlich kaufen werden, weil man ihn ihnen schon zu verkaufen wissen wird, macht die Sache nicht besser.
Gerecht jedenfalls sind die beschlossenen Sparmaßnahmen keinesfalls – zu sehr wurden die Schultern der Schwachen noch mehr, die der Wohlhabenden, zumal jener, die kurz zuvor noch steuerlich den Allerwertesten gepudert bekamen, überhaupt nicht belastet. Daß die Maßnahmen angesichts des Umstands, daß – wie am folgenden Dienstag im heute-journal zu erfahren – die westlichen Industriestaaten nach Auffassung mancher Ökonomen rasant auf das urknallgleiche Platzen einer Schuldenblase zugaloppieren, was eine fundamentale, internationale Infragestellung und Revision unseres Finanzsystems als solchem notwendig machen würde, ohnehin nur mut- und einfallsloses Herumgepfusche sind, nur am Rande.
Immerhin: nichts ist so düster, daß nicht noch irgendwo ein Lichtlein blinken würde. Und so freut es Herrn Sathom als Einziges am Sparpaket, daß der Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses erst einmal auf Eis gelegt ward. Herr Sathom mochte die geschichtsklitternd-revisionistische Baumaßnahme eh nie leiden, und daß die ganzen wohlbestallten Pinsel, die mit privaten Spenden das großmannssüchtige Projekt unterstützten, anstatt sich wohltäterisch löblicheren Aufgaben finanziell zu widmen, nun wenigstens vorerst einmal in den Mond gucken, erbaut ihn gar sehr.
es ist doch irgendwie lachhaft, seid wann ist denn ein politiker intelligent?, meines erachtens sind sie paranoid, machtbesessen, verlogen, hinterhältig, profiliersüchtig und in ihrer selbstüberschätzung so weit von der realität entfernt, wie die sonne von der erde, untauglich die geschicke eines volkes zu bestimmen, da finanz und industrie gesteuert, nur duch die lobbyisten noch eingeschränkt handlungsfähig, somit so überflüssig wie ein kropf.
Hm. Aha. Tja, das klingt beinahe so, als sei der Verfasser dieses Kommentars einer immerhin ähnlichen Auffassung wie der Herr Sathom, was? Aber Herr Sathom weiß nicht so recht.
Lassen wir mal beiseite, daß Orthographie und Interpunktion einem die Haare zu Berge stehen lassen (womit Herr Sathom nicht die komplette Kleinschreibung meint, die für sich genommen ja in Ordnung ist, sondern das Übrige an Kraut und Rüben), selbst dem Herrn Sathom, der sie auf dem Kopf weggeschoren hat, sprießen sie extra zu diesem Zwecke bei der Lektüre explosiv nach, und beschränken wir uns auf drei andere Punkte – und zwar zunächst einmal den, daß Politiker überflüssig wie ein Kropf seien. Nun ja. Sicher meint auch Herr Sathom, daß die aktuellen Politiker ihrer Verantwortung gegenüber der Bevölkerung alles andere als gerecht werden; aber sind Politiker als solche überflüssig? Selbst unseren derzeitigen kann man immerhin noch in den Arsch treten und wenigstens versuchen, sie durch öffentliche Diskussion oder Protest zu veranlassen, im Sinne des Gemeinwohls zu handeln; wenigstens Opportunismus mag sie daher zwingen, dem Willen des Staatsvolkes nachzugeben, und sei es nur in Teilen. Und da sie als Angehörige der Legislative immerhin bestimmen, wie der Laden läuft, ist das immer noch besser, als keine Politiker zu haben. Denn was wäre die Alternative? Direktherrschaft der Finanzlobbies ohne jegliche Möglichkeit der demokratischen Einflußnahme? Rückkehr zum Feudalismus? Beides zusammen, Kapitalfeudalismus? Wir brauchen bessere Politiker, so viel steht fest, doch daß Politiker überflüssig seien, muß Herr Sathom bestreiten. Denn letztlich basiert der bürgerliche Staat auf der Idee, daß gewählte Volksvertreter (gemeint sind Vertreter des Staatsvolkes, nicht zwangsläufig einer ethnisch homogenen Gruppe) für einen Interessenausgleich aller Bevölkerungsgruppen sorgen, wodurch dieser Staat – anders als etwa die Diktatur oder die Monarchie – seinen Macht- und Gestaltungsanspruch rechtfertigt. Damit sieht es aktuell allerdings lausig aus, dieweil unsere derzeitigen Politiker einseitige Klientelpolitik für bestimmte Interessengruppen betreiben, aber bedenkt Herr Sathom, welche Staatsmodelle daselbst auf Politiker verzichten können, so graust es ihn.
Zweitens, Herr Sathom zitiert: „untauglich die geschicke eines volkes zu bestimmen“, schreibt der/die Kommentator/in. Was soll das denn heißen!? Geschicke? Das klingt bestenfalls nach Vorstellungen über „Völkerschicksale“, wie sie in früheren Jahrhunderten, schlimmstenfalls nach solchen, wie sie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hierzulande gängig waren. Zumal Herr Sathom keinen will, der seine „Geschicke“ bestimmt – aus dem oben Gesagten dürfte sich ergeben, daß dies nicht ist, was den Grundkonsens des bürgerlich-demokratischen Staates, wie ihn Herr Sathom präferiert, ausmacht. Denn dieser Konsens ist eben, daß ein/e Jede/r mitbestimme. Daß da aber Einer sei, oder Mehrere, welche die „Geschicke“ eines „Volkes“ „bestimmen“ – das klingt dem Herrn Sathom doch sehr gestrig, nach Schicksalsgemeinschaft und ähnlichem Zeug aus der Mottenkiste, nach pathetischem Geschwafel von Schicksalsaufträgen und was nicht sonst noch eines Volkes, das vorrangig als ethnische Gemeinschaft gedacht wird. Und auch ganz allgemein zu esoterisch und schwiemelig, durchsetzt von irrationalen, nicht zuende gedachten und eher vage gefühlten halbgaren Vorstellungen klingt dem Herrn Sathom das Gerede von Geschicken und davon, sie zu bestimmen.
Drittens: „nur duch [sic!] die lobbyisten noch eingeschränkt handlungsfähig“ – äh, come again? Sollte damit gemeint sein, daß die aktuell herrschenden Politiker (denn überhaupt, wer sind „die“ Politiker? An sich sprach Herr Sathom an dieser Stelle nur von denen der derzeitigen Regierung, wiewohl er zugesteht, daß auch von manchen Oppositionellen heutzutage wenig Erquickliches kommt) bezüglich ihrer Entscheidungen lobbygesteuert sind, sei es mangels eigener klarer Zielvorstellungen und Kompetenz, sei es, weil sie verquasten Weltbildern anhängen, die ihnen wie allen Anderen in den letzten Jahrzehnten von den Chefideologen des Neoliberalismus ins Ohr gesagt wurden, würde Herr Sathom zustimmen. Doch die Formulierung suggeriert, daß Lobbyisten ursächlich dafür sorgten, daß Politiker überhaupt ein – dabei zugleich nur rudimentäres – Handlungsvermögen aufweisen, klingt also zumindest merkwürdig.
Vielleicht mißversteht Herr Sathom den Kommentar ja auch, aber wie gesagt – der Herr Sathom, er weiß nicht so recht. Bediente man sich exakterer Formulierungen und verzichtete in seiner Sprache auf insgeheim bestimmte Bedeutungen mittransportierende Stereotypen wie die von den „Geschicken“ eines Volkes (ganz gleich, ob man hier nur aus Faulheit auf sie zurückgegriffen hat oder ihnen tatsächlich anhängt), wäre Herr Sathom vielleicht weniger im Zweifel.