Etwas mehr als eine Woche ist seit dem Ende der Frauenfußball-WM vergangen; und Herr Sathom hat sich mal den Spaß gemacht, sich umzusehen, was sich denn nun – nach all den Versuchen, den Frauenfußball medial auf-, und marektingstrategisch auszuwerten – verändert hat.
Während der WM selbst, was gab es da nicht zu sehen – ja, die schmerzliche Niederlage der deutschen Mannschaft, aber eben auch: doch einige ausgesprochen spannende Spiele, enormen Einsatz, sportlichen Kampfeswillen und Trickreichtum allenthalben, Qualitäten, die Herr Sathom beim Männerfußball eher oft als selten vermißt. Und was gab’s nicht dem ansonsten wie immer unerträglichen Gequassel der Sportreporter zu entnehmen: diese Japanerin spielt für jenen Potsdamer Club, jene Spielerin ist in ihrem Heimatland enorm populär, kurz: es gibt so was wie Frauenfußball, auch sonst, wenn grad nicht so ein Tamtam darum gemacht wird, ja da schau her, wer hätte das gedacht.
Verbunden war diese Frauenfußball-WM mit einem zugegebenermaßen aufdringlichen Medienhype, der jedoch, sagen wir’s offen, verglichen mit dem Medienhype um Männerfußball-Events, zumal die Weltmeisterschaften der Herren der Schöpfung betreffend, eher harmlos war; verknüpft wiederum mit diesem Hype war die Inaussichtstellung einer in Zukunft größeren Rolle des Frauenfußballs, sicher weniger in emanzipatorischen Motiven als im Vermarktungsinteresse an demselben gründend – wie da Werbeagenturen Morgenluft witterten, schlug Herrn Sathom von so manchem Plakat schon auf recht penetrante Weise entgegen. Inwieweit da versucht wurde, eine solch goldene Zukunft der bisherigen Randsportart herbeizureden oder sie einfach – soweit es die reklametechnische Ausschlachtung betrifft – selbst nicht dran glaubend nur für den Moment zu behaupten, um daraus Kapital zu schlagen, sei dahingestellt, und ebenso, wieviel echte Hoffnung manche wohl hegten.
Was aber ist, so kurze Zeit nach dem Ende der Meisterschaft, davon geblieben?
Beinahe nichts – außer der offenkundigen Erleichterung, mit der in vielen Foren diejenigen Angehörigen des „starken“ Geschlechts, die, wann immer sie Gelegenheit finden, sich als mentale Feinrippträger gebärden, bereits nach der deutschen Niederlage ihre Genugtuung darüber hinausrülpsten, daß es nun ein Ende mit dem Spuk habe und der Frauenfußball wieder in wohlverdiente Bedeutungslosigkeit zurücksinken werde (beispielsweise in den Lesermeinungen zu diesem Artikel).
Kurios sind sie schon, die Argumente, mit denen männliches Ego, das sich nun wieder beruhigt zurücklehnen und sich in die eigene Selbstverliebtheit kuscheln kann, sich darüber freut, daß die Dinge nun wieder ungestört vom lästigen Weiberfußball ihren Lauf nehmen können: die Frauen spielten eben schlechter, weniger professionell, liest Herr Sathom oft, aber auch – konkret im oben verlinkten Fall – daß Frauenfußball eben eine „Randsportart“ sei und die Medienberichterstattung dem entsprechen sollte; daß da nur „gebolzt“ würde (Seite 2 der Kommentare hier); ja, einer der Kommentatoren versteigt sich sogar zu der Behauptung, andere Sportler auf „Weltklasseniveau“ (gemeint sind vermutlich männliche, konkrete Beispiele erfährt man nicht) erhielten nicht annähernd die Beachtung, die den Fußballfrauen geschenkt werde (soll heißen: nur weil das Frauen sind, buh, wie gemein).
Seltsam: hatte Herr Sathom doch den Eindruck, daß dem Frauenfußball bisher jahrelang gar keine Beachtung geschenkt wurde, dieweil umgekehrt selbst lausigste Leistungen der Männer nie den Kommentar heraufbeschworen, die Kerls könnten eben nicht Fußball spielen; und den weiteren Eindruck, daß diese Nichtbeachtung damit zu tun hätte, daß sie eben Frauen sind, und ihre Leistung wurscht (zur Begründung unten mehr). Aber diese Sichtweise hat Methode – schon in den Kommentaren zu den ausgestrahlten Spielen fiel Herrn Sathom auf, daß die Reporter sich – selten, aber gelegentlich – noch einmal zu betonen bemüßigt fühlten, daß die Damen ja doch ganz gut kicken würden – so, als könne man das nicht sehen (diejenigen Männer, deren Kommentare Herrn Sathom so erbosen, scheinen aber tatsächlich andere Spiele gesehen zu haben – am Besten gefallen Herrn Sathom aber jene, die da locker eingestehen, nur einige oder sogar gar keine gesehen zu haben, die aber trotzdem genau wissen, daß die Mädels es halt nicht können). Bei einem Männerspiel, das grad mal scheißlangweilig und schlecht ist, würde wohl niemand betonen, daß es ja auch gelegentlich mal gute Spiele gäbe, als gälte es, damit die Berechtigung des Männerfußballs als solchem zu verteidigen; bei einem Frauenspiel wird diese Bemerkung sogar dann noch für notwendig erachtet, wenn es klasse ist. Was daraus spricht, ist die alte Forderung, daß Frauen eben doppelt so viel leisten müssen wie Männer, um überhaupt ein Recht zu haben, auch nur mal wahrgenommen zu werden; ganz abgesehen davon, daß sie am Besten noch einiges mehr tun, etwa sich im Playboy, jenem altehrwürdigen Stützstrumpf des Macho-Egos, nackich zu machen. Merke : als Mann kannst du aussehen und dich äußern wie ein Urmensch und für ein Riesensalär auch gern mal miserabel kicken; als Frau mußt Du saugeil aussehen und darfst Dir, selbst wenn Du enorm gut spielst, hinterher noch von irgendwelchen Leuten, die keinen Ball geradeaus spielen könnten, anhören, Du hättest es eben verglichen mit Männern nicht drauf.
Anyway. Wenn sich Herr Sathom also umsieht, kaum daß die Frauen-WM vorbei ist, konstatiert er neben jener Häme, mit der man(n) erfreut in die Patschehändchen klatscht, da nun die bösen Mädchen wieder in der Rumpelkiste verschwinden, daß betreffs des Männerfußballs flugs wieder jeder Scheißdreck als weltbewegend gilt. Wer da mit wem zankt und pubertäre Fehden führt, wer für welche Ablöse wohin geht, all das tickert munter über die Infotainment-Prompter der Berliner U-Bahn und füllt die Gazetten, Dinge, die man von den Damen nie erfuhr und auch jetzt nicht erfährt, so man nicht entschlossen gräbt, denn Mainstream-Medien interessiert derlei nicht; ja, sogar daß da ein Spieler gegen eine Hauswand gepieselt haben soll, war der Printausgabe eines Berliner Boulevardblatt eine ganzseitige Headline auf der ersten Seite wert, dieweil das Endspiel-Ergebnis der Frauen-WM zumindest von den hiesigen Regenbogenblättern auf Seite 1 völlig ignoriert ward (mit Ausnahme eines Blattes, das eine kleine Notiz auf die Titelseite klemmte) . Man stelle sich im Vergleich die Berichterstattung bei einer Männer-WM vor, selbst wenn Deutschland verliert. Das öffentlich-rechtliche ZDF erklärt zu alledem munter, daß es über Frauenfußball „sicher nicht regelmäßig“ berichten, und daß der Frauenfußball nach der WM „von der Bildfläche verschwinden“ werde (siehe hier).
Doch immerhin – eine Begründung für das fehlende Interesse am Frauenfußball liefert ZDF-Sportchef Gruschwitz laut oben verlinktem Artikel gleich mit: DFB und Vereine müßten ihr Angebot attraktiver gestalten, nur 90 Minuten lang 22 Spielerinnen gegeneinander reichten nicht aus.
Aha?!
Vielleicht liegt hier des Pudels Kern begraben. Das Sportliche allein also ist überhaupt nicht interessant (wiederum: nur bei den Damen – man sage mal einem Fussi-Fan, die sportliche Leistung seines Männer-Vereins sei eh wurscht); na endlich spricht’s mal einer ehrlich aus. Wie also könnten sich die Frauen interessanter machen? Vielleicht mit einem ebenso attraktiven Zusatzprogramm, wie es die Männer liefern: Zickenkrige zwischen Spielerinnen und/oder Trainern/Trainerinnen, mal öffentlich an Hauswände pinkeln, oder daß ein Verein es extra sanktionieren muß, beim Duschen zu pissen? Vielleicht muß auch ein weiblicher Lothar Matthäus her, der in miserablem Englisch Leute beschimpft? Und wenn gar nichts mehr hilft, kann frau ja vielleicht in der Disco Randale machen oder sowas.
Aber ach nee, das wird’s auch nicht bringen. Denn Herr Sathom meint, daß das Alles doch für Eines spricht. Die behäbige Bräsigkeit, mit der da stolze Mannsbilder konstatieren, die Qualität des Frauenfußballs sei zu gering, wiewohl sie ihn kaum bis gar nicht rezipieren, bei der WM vielleicht einige (wenn überhaupt), ansonsten keinerlei Spiele je gesehen haben, die hämische Freude darüber, daß der Quatsch jetzt wieder in der Versenkung verschwindet, die Art, wie sich da übers Ausscheiden der deutschen Manschaft gefreut und über den Medienhype beschwert wird, das Interesse, das Männerfußball unabhängig von seiner Qualität trotz oder wegen des oft infantilen Verhaltens seiner Protagonisten genießt, all das verweist drauf, daß es tatsächlich um Sport gar nicht so sehr geht. Um ein attraktives Beiprogramm allerdings auch nicht wirklich.
Nein, es geht darum, daß hier etwas von Männern für Männer gemacht wird, und daß es nur als solche Männerdomäne eine Existenzberechtigung hat. Hier ist ein Reservat, ein Refugium für die von Frauenbewegung und Emanzipation gebeutelte Seele – ein Ort, zu dem das Weibsvolk keinen Zutritt hat, wo jene, die ihre Rangordnung seit Cro-Magnon-Zeiten durch Rülpswettbewerbe festlegen, unter sich sein können – wo Leistung nicht an sich, sondern nur zählt, wenn sie von Männern erbracht wird, und weil sie von von Männern erbracht wird; wo Frauen nicht zugelassen sind, weil’s nicht um Leistung geht, sondern um Geschlossene Gesellschaft und Ausschluß des Weibsvolks, wie dazumal im englischen Pub. Wo noch gilt, was schon Ralf König einst im gezeichneten Vorwort zur Erstausgabe des Bewegten Mannes, die Herr Sathom zu besitzen sich erfreut, feststellte: „Der Mann interessiert sich im Grunde nur für den Mann“. Außer was das angeht, na Sie wissen schon. Das hat, sehr viel wortreicher, auch Herr Klaus Theweleit einst in seinem schönen Buch „Männerphantasien“ konstatiert; und das ist es, worum’s beim Hype – denn auch das Getue um Männerfußball ist ein Hype, nur eben ein sehr langlebiger – um das „runde Leder“ in Wirklichkeit geht.
Daß eine solche Bastion, in der man sich noch für den Beweger der Welt halten darf, Fan einer Sache, die von geradezu intergalaktischer Bedeutung ist (unvorstellbar, daß sie auf Beteigeuze keinen Fußball kennen sollen) und sich ausschließlich in Männerhand befindet, eine Feste, darin Männer Männersachen machen, die nur Männer machen dürfen (nicht: können), und jeder Zuschauer – Bierbauch hin, Pantoffelheld her – ein Supermann und Experte ist, das darf natürlich nicht dadurch gefährdet werden, daß plötzlich Konkurrenz in Gestalt irgendwelcher Liesen auftaucht, die sich dasselbe wie die Jungs tun zu wollen anmaßen. Daß Männer hier mehr vermögen als Frauen, ist dabei teils nur vorgeschobene Behauptung, das Zutrittsverbot zum Baumhaus für die unerwünschten Mädels zu begründen, teils beruhigende Selbsttäuschung. Die Illusion männlicher Überlegenheit aber wenigstens zu diesen Zwecken aufrecht zu erhalten, dazu bedarf es nur eines simplen Mittels: der Ignoranz. Frauenfußball, sowas nehmen wir gar nicht wahr.
Folgerichtig kann Frauenfußball – zumindest beim derzeitgen Stand unserer gesellschaftlichen Entwicklung – gar nicht populärer werden, kann es auch trotz einer exorbitanten WM und könnte es sogar bei einem deutschen Sieg nicht. Weil es bei der Sportberichterstattung und im Publikumsinteresse um Sport zuallerletzt geht; weil hier vielmehr ein Männerpublikum sich an Männlichkeitsklischees (und vielleicht noch lokalpatriotischen Gefühlswallungen) labt, wobei die Frauen nur stören. Der direkte, eben wirklich sportliche Leistungsvergleich darf daher gar nicht stattfinden – wird er einem aufs Auge gedrückt wie zuletzt bei der Frauenfußball-WM, wird die erbrachte weibliche Leistung ignoriert oder verleugnet, ist grad keine WM und somit kein Großevent, das einen aufmerksamkeitsheischend belästigt, ignoriert man das obszöne Tun ganz und macht es dadurch inexistent.
Daß Berichterstattung über Frauenfußball beim männlichen Fußball-“Experten“ schlichtweg auf keinerlei Interesse stößt und folglich – außer in Spezialorganen, die man aber nötigenfalls einfach nur selektiv zur Kenntnis zu nehmen braucht, um das Thema auch hier auszublenden – auch nicht stattfindet, hat einen einfachen Grund: sich in der behaglichen Sicherheit wiegen, daß man hier noch die Krone der Schöpfung ist, das gelingt am Besten, indem man den Vergleich einfach vollkommen meidet, das, was da stattfindet, komplett ignoriert.
Zumal: selbst wenn Frauenfußball qualitativ „schlechter“ (wohl eher nur: anders) wäre – man könnte ihn ja einfach als gleichberechtigte Sportart akzeptieren, in den üblichen Sportsendungen auch über ihn berichten, ganz ohne Hype. Gleiches gilt für andere Sportarten. Aber genau das darf’s nicht geben: nicht aus Gründen der Qualität, sondern weil hier verdammt nochmal die ehemaligen Herren der Welt unter sich sein wollen, so wie zu Zeiten des seligen Patriarchats im Rauchersalon, wo man nach dem Abendessen Zigarren paffend und Cognac saufend die Weltgeschichte diskutierte, dieweil die Weiber sich schon mal zum Abwasch in die Küche verkrümeln durften.
Wohlgemerkt will Herr Sathom gar nicht behaupten, die Frauen spielten nun besser als die Männer, oder letztere immer nur schlecht (und er will auch keineswegs alle männlichen Fußballfans über einen Kamm scheren, sondern bezieht sich nur auf die Verkünder ganz bestimmter, aber weit verbreiteter Ansichten); er meint vielmehr, daß es um Leistung und Können überhaupt nicht geht, wenn vorkommende schlechtere Leistungen im Männerfußball nie dazu führen, daß dieser an sich infrage gestellt würde, dieweil Frauen schon per se viel schärfer unter die Lupe genommen werden, und bei einem mißglückten Paß sofort der Frauenfußball prinzipiell als Blödsinn abgetan wird. Daß die Bevorzugung des Männerfußballs mit dem klischeehaften Selbstbild eines männlichen Publikums zu tun hat, daß es dabei um anderes geht als den reinen Sport, das erweist sich eben auch daran, daß rabaukenhaftes Verhalten außerhalb des Platzes und entsprechende Skandälchen einfach dazugehören. It’s a man’s world, und die Frau, die sich da hinwagt, erregt Unmut, weil sie einfach im Männlichkeitsparadies eine Spielverderberin ist. Nicht, wie gut sie spielt, ist relevant, sondern daß sie im Männerrevier wildern will, ist obszön: erst Biersaufen und Auto fahren, und nun auch noch das.
Vielleicht täuscht sich Herr Sathom auch, und es wird ab Beginn der Frauen-Bundesliga nebenher auch darüber mal nicht nur in Spezialrubriken berichtet, ohne Hype, ganz selbstverständlich, so als ob fußballspielende Frauen etwas Normales wären – aber er glaubt’s eher nicht. Während der WM wurde ja in einigen launigen Dokumentationen gezeigt, wie absurd, dumpf und verstockt der Blick auf Frauen im Fußball noch im letzten Jahrhundert war – wir sind da etwas weiter, aber noch nicht viel (und bestimmte sexistische Jokes, wie man sie in den Dokus vernehmen konnte – etwa, daß eine Spielerin drei Bälle habe – traut sich vielleicht nur keiner mehr öffentlich zu machen).
Es spielt also im Letzten nicht einmal eine Rolle, ob Frauen objektiv schlechter, besser, interessanter oder langweiliger spielen als Männer: sondern es darf einfach so etwas wie Frauenfußball gar nicht geben. Wenn ich nicht hingucke, geht’s vielleicht weg – und da stehen sie dann: kleine Jungs mit den Händen vorm Gesicht.