:: A propos de Cologne III – Hirnforschung am männlichen Subjekt

Wir erinnern uns: Im ersten Teil dieser Serie ging es u.a. um die Behauptung, wenn Frauen jetzt – nach den Ereignissen der Silvesternacht – noch einmal darauf hinweisen, daß sie schon lange auch Übergriffe deutscher Männer beklagen, dann wollten sie damit die Taten von Köln „relativieren“; und der im Beitrag erwähnte FAZ-Artikel ist wirklich so gemeint. Er bezichtigt diese Frauen des Versuchs, die Vorgänge der Silvesternacht zu verharmlosen. Davon zeugt auch die Vokabel der „Beschwichtigungsleistung“, die dort verwendet wird. Sie drückt aus, daß der FAZ-Autor nicht etwa argwöhnt, die gescholtene Feministin Anne Wizorek könnte deutsche Männer und zugewanderte „Trieblinge“ gleichsetzen wollen; sondern daß sie das, was in Köln geschah, seiner Auffassung nach herunterspielen will.

Was impliziert, daß Frauen, die sonst gegen sexuelle Übergriffe kämpfen, die Beschuldigten diesmal in Schutz nehmen. Sie kollaborieren also mit Männern, die etwas getan haben, das sie anderen Männern vorwerfen. Warum eigentlich sollten sie das tun?

Nun beschmunzeln derzeit ja landauf, landab konservative Denker die Zwickmühle der „Linken“, die Frauen und Einwanderer mögen (so etwa Dieter Nuhr, gehässigen Mienenspiels Meister und Künder des „gesunden Menschenverstands“); in den Zeilen des FAZ-Kommentars aber implodiert der Wunsch, den Gegner zappeln zu sehen, mit der Wucht einer LSD-Knallerbse. Engagierte Frauen sollen das, was sie sonst beklagen, diesmal verleugnen wollen.

Wie kann sich eine so offensichtlich irrsinnige Unterstellung also dem Hirn des Glossenschreibers entwinden? Wie kann sie in anderen Männerhirnen auf großes Willkommenshallo treffen? Herr Sathom meint, das zu erkunden, könnte eine lustige psychologische Expedition abgeben. Steigen wir also hinab in die Abgründe der patriarchalen Männerphantasie; hoffentlich habt Ihr eure Grubenhelme dabei.

Stört Euch nicht an den Tsathoggua-Statuen und diesen schwarzen Amöbenteilen, die überall rumkriechen, die tun nix; das sind bloß Verdrängungen. Wir haben ja die Helmlampen (das Zeug ist lichtscheu). Aber daß mir keiner die Phallussymbole Stalagmiten abbricht.

So. Wir befinden uns jetzt im patriarchalen Mann (beachten Sie dort drüben den wunderbaren Tropfstein; „Invader Jones“, wie wir ihn nennen, ist in Jahrtausenden so mächtig angeschwollen). Dieser ist kein „Mann“ im Sinne einer Person (also auch nicht der des hier kritisierten FAZ-Autors), sondern ein Typus; und als solcher auch keine Gruppe von Männern, zu der man eindeutig gehören kann oder nicht, sondern ein Sammelsurium von Vorstellungen, Einstellungen und Persönlichkeitsmerkmalen, die  im Verlauf der Sozialisation zum „Mann“ gesellschaftlich eingeimpft werden. Von diesen weist jeder so Aufgewachsene nicht alle, aber unterschiedlich viele auf, auch Herr Sathom, so gern er sich (wie jeder „deutsche“, hier sozialisierte Mann) davon ausnehmen … He! Hab‘ ich nicht gesagt, Ihr sollt die Dildosteine Stalagtitt – verdammt nochmal, das gibt’s doch nicht! Äh. Ich meine, faßt einfach die Naturwunder nicht an.

Halten wir fest: Die Möglichkeit, er selbst könne sich sexistisch/übergriffig verhalten, streitet der deutsch sozialisierte Kulturmann wie eh und je erbittert ab. Beim kulturfremden, „primitiven“ Mann hingegen läßt er dergleichen nicht nur als vorstellbar zu, sondern setzt sogar voraus, daß dieser Fremde sich so verhalten müsse. Und jetzt unterstellt er, diese Frauen würden die Partei jenes Fremden ergreifen, der da in Köln Amok lief. Soweit die Ausgangslage.

Habt Ihr eure Sigmund Freud-T-Shirts an? Dann hauen wir rein:

Bricht da bei den Vertretern dieser These vielleicht eine unbewußte Angst durch, die Damen sympathisierten mit den Angreifern, denn sie würden sich vielleicht sogar mal ganz gern von so einem virilen Naturburschen …?

Wem das weit hergeholt erscheint: Die sexuell selbstbestimmte Frau als Verräterin steht ganz oben auf der Liste maskuliner Angstphantasmen. Die macht, was sie will, und haut einem noch auf die Finger, wenn man auch mal möchte – wer weiß, wozu die noch imstande ist. Aber man(n) weiß es ja ganz genau, nicht wahr? Unsere hohe wie populäre Kultur liefern zahllose Exempel, die dem Mann zeigen sollen, wohin das führt, Jezebel, Mata Hari, Medusa heißen sie; er weiß: Das Weib, das über sich selbst verfügt, zieht’s zum Bösen hin.

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