… bevorzugen inzwischen, anders als Rainald Grebe einst reimte, die Intimrasur.
Die Entfernung der Körperbehaarung ist längst Mainstream geworden; galt der Furor der Freunde statuenhafter Sterilität vor Jahren noch dem weiblichen Achselhaar, was zu einer völligen Beseitigung der verheißungsvollen kleinen Büsche aus dem öffentlichen Blick führte, übertrug er sich bald aufs Geschlechtsteil der Frau, und suchte sich endlich, nachdem auch dieser Rasen gemäht war, sein nächstes Betätigungsfeld – das männliche Körperhaar.
„Argumente“ für derlei Vorgehen fanden sich wohlfeile – vor allem hygienischer sollte das sein, und besser aussehen sowieso. Dummerweise scheint inzwischen zumindest die erste Behauptung infrage gestellt (Link NSFW). Ständige Intimrasur kann zu mikrofeinen Hautfissuren führen, unsichtbaren Rissen, die eine Infektion mit sexuell übertragbaren Krankheiten erleichtern; in weniger extremen Fällen bedingt sie ständige Hautreizung, ggf. Ausschläge und andere Probleme.
Daher ein Artikel on popular request. Kürzlich entspann sich ein Dialog zwischen Herrn Sathom und einer Facebook-Freundin, in deren Verlauf er drauflos laberte, daß er so einige Theorien habe, woher die Popularität des enthaarten Genitals rühre; und fortfuhr, daß er sich aus Zeitgründen nicht darüber verbreiten wolle, aber vielleicht gelegentlich darüber bloggen würde. Da das dann auch angefragt wurde, hier nun das versprochene Elaborat.
Vorweg: Den Quatsch, daß Intimrasur etwas mit Pädophilie zu tun habe, wollen wir mal gleich vergessen. Es ist schon ein wenig komplizierter. Ebenfalls vorab soll ein subjektives Eigeninteresse zugestanden werden. Herr Sathom mag’s haarig; gerade die Behaarung ist es seines Erachtens, die zur Individualität eines Schoßes beiträgt, und in ihrem Wuchern das weibliche Geschlecht als kraftvolles, schönes Organ zeigt, nicht nur als empfänglich-passive Öffnung. Insofern in der Folge also vom männlichen Blick die Rede sein wird und davon, wie Männer den Frauen Schönheitsideale aufzwingen, die letztere jedoch als die eigenen empfinden sollen, will Herr Sathom gleich gestehen, daß er sich dieser Dialektik auch nicht völlig entwinden kann.
Nun aber los. Was bedeutet das, Schönheitsideale aufzwingen? Und inwiefern soll dabei ein Trick eine Rolle spielen, der darin besteht, den Frauen weiszumachen, sie selbst wollten, was man ihnen abverlangt? Eine Anmerkung dazu, die noch nichts erklärt, aber einen Hinweis liefert: die grundsätzlich rasierte Pforte stammt ursprünglich aus dem Pornofilm, und machte von dort aus Karriere als allgemein abverlangtes Erscheinungsbild; was immerhin nahelegt, daß Männer hier ihren Damen etwas antrugen, das sie dort, im Paradies maskuliner Omnipotenzphantasien, gesehen hatten. Den Frauen wurde also nahegelegt, sich den Schauobjekten, die dort als ewig willig präsentiert werden, nachzugestalten.
Und doch spielt hier noch mehr eine Rolle – denn warum akzeptierte frau diese Forderung? Herr Sathom erinnert sich an ein Gespräch, das er schon vor einigen Jahren führte. Eine Frau, durchaus emanzipiert, geschäftstüchtig, eine Domina nebenbei bemerkt, erklärte ihm, sie empfinde Intimbehaarung als ekelhaft, widerlich; und sie sprach dabei von der eigenen. Was, fragte sich Herr Sathom, bringt einen Menschen dazu, eine ganz natürliche Äußerung des eigenen Körpers so wahrzunehmen? Wir reden hier, wohlgemerkt, nicht von Ekzemen, Geschwüren oder nässend-juckenden Ausschlägen; sondern „nur“ von Haaren. Vielleicht will man die trimmen, frisieren, schön, auch mal ganz entfernen – aber was erklärt diesen extremen Widerwillen, als handle es sich um eine besonders entstellende Krankheit? Diesen Ekel, als sei von Eitergeschwülsten die Rede, während es um eine völlig gesunde Erscheinung handelt – etwa so, als entschiede jemand, Ohren seien einfach widerwärtig?
Naja es könnte auch einfach Mode sein. Warum soll Mode auch vor Intimbeaarung halt machen ? Vokuhila oder Fönwelle aus den 80ern mag heute auch niemand mehr sehen.
Du erwähntest einen Trick der darin besteht Frauen weiszumachen dass sie selbst wollen was man ihnen abverlangt. Ich denke das trifft nicht nur auf Intimrasur zu. Ich kann bis heute nicht verstehen warum Frauen sich freiwillig z.B. in hochhackige Schuhe zwängen und Hüfthosen tragen mit nabelfreien Oberteilen etc. So attraktiv das (bei manchen Frauen) auch aussehen mag aber das Alles ist doch zum Teil extrem unpraktisch und unbequem.
Ja, sehe ich auch so @ hochhackige Schuhe, Klamotten etc.
Mit der Mode hast Du natürlich recht; ich denke nur, daß Moden auch immer einen gesellschaftlichen Hintergrund haben. Also: Warum provozierten zu einer bestimten Zeit lange Haare (sie hoben einen gesellschaftlich besitmmten Geschlechterunterschied auf), wieso “stylt” man sich nach bestimmten Vorgaben, um sich bestimmten Gruppen zuzuordnen, etc. Und vieles an heutigen Moden – was jedenfalls die gestaltung des Körpers an sich betrifft – hat m.E. etwas mit Menschenbild, Leistungsdruck usw. zu tun.
ich will die Thesen des Artikels aber auch nicht verabsolutieren. Ich denke, es kommen da verschiedenste Motive zusammen, die sich aufaddieren.