Seltsamerweise bin ich auf Buffy Sainte-Marie erst irgendwann in den 2010er Jahren aufmerksam geworden; und ich könnte mir vorstellen, daß die meisten Menschen hierzulande auf die Erwähnung des Namens immer noch mit „Buffy wer?“ reagieren dürften, obwohl Sainte-Marie seit geraumer Zeit international weitaus bekannter geworden ist.
Merkwürdig ist das deshalb, weil ich einer Generation angehöre, deren „musikalisches Erwachen“ Ende der 1970er/Anfang der 80er in eine Zeit fiel, die u.a. – neben Punk, New Wave, Neuer Deutscher Welle etc. (Reggae und was weiß ich noch, es tat sich einiges) – eben auch von amerikanischer Folk Music geprägt war. Als deren Protagonist*innen waren Joan Baez, Simon and Garfunkel, Cat Stevens (mittlerweile Yusuf Islam) bei uns allgemein bekannt und beliebt. Und das galt nicht nur für die Öko-Teetrinker-Fraktion, sondern auch für Leute, die sonst eher auf The Police oder die Boomtown Rats standen. Nun waren all diese Musiker*innen zu diesem Zeitpunkt schon gewissermaßen Artefakte der späten 1960er (was nicht negativ gemeint ist; musikalische Trends hielten sich damals länger). Es ist also seltsam, daß ich von einer ebenso lange auf diesem Feld aktiven Musikerin nie etwas gehört hatte, zumal einer, die in Kanada und auch weltweit ziemlich erfolgreich war.
Die Erklärung lautet vermutlich, daß das Meiste, was wir damals (und heute) an internationaler Musik kannten, aus den USA importiert wurde. Denn Sainte-Marie, als Native American politisch aktiv für die Rechte der amerikanischen Ureinwohner*innen, stand in den USA der 70er Jahre auf der „Schwarzen Liste“. Diese Praxis des Blacklistings u.a. seitens der US-Präsidenten Johnson und Nixon führte etwa dazu, daß betroffene Musiker*innen nicht von Radiostationen gespielt wurden; kurz, daß sie in der US-amerikanischen Musikindustrie faktisch nicht existierten. Aktivist*innen der Red Power-Bewegung und andere politisch mißliebige Künstler*innen waren damit – so wie des Kommunismus verdächtige Filmschaffende aufgrund der „Schwarzen Liste“ Hollywoods – damit praktisch out of business. Damit gehörten sie vermutlich auch nicht mehr zu den Leuten, deren Platten über den großen Teich importiert wurden.
Und so bemerkte ich Buffy Sainte-Marie zum ersten Mal in einer Dokumentation über die Geschichte der Folk Music, vielleicht auf arte, ich weiß es nicht mehr, in der sie auch eher per Nebensatz abgehandelt wurde; immerhin genügten die wenigen Szenen und Aufnahmen ihrer Stimme, mich auf Internetrecherche zu schicken, und siehe da, es hat sich gelohnt.
Sainte-Marie war in all den Jahren durchaus erfolgreich, und nicht nur im Bereich aktivistischer Folk Music aktiv; für die Schnulze „Up where we belong“ aus dem Film Ein Offizier und Gentleman von 1982 erhielt sie zusammen mit Jack Nitzsche einen Golden Globe und den Academy Award; in den 70ern erschien sie regelmäßig in der Sesamstraße (wo sie, eine Fernsehpremiere, ihrem Sohn die Brust gab und den Muppets erklärte, was sie da machte). Diese Auftritte sind in Deutschland völlig unbekannt, da nach vehementen Elternprotesten die synchronisierte US-Sesamstraße durch eine desinfizierte, deutsche Fassung ohne Mülltonnen-Oscar, Proletenkinder aus Sozialbaughettos und Menschen anderer Hautfarbe ersetzt wurde. (Das Lustige daran ist, daß dieselben Eltern nicht merkten, daß man ihnen bei der Gelegenheit einen schwulen Bären und die kratzbürstige Emanze Tiffy unterjubelte. Ich frage mich bis heute, ob das Absicht war und sich die Leute in Jim Hensons Creature Shop kaputtgelacht haben).
Das Wichtigste ist natürlich die Musik. Kraftvolle, von tribalen bzw. nativen Elementen geprägte Songs, deutlich spirituell angehaucht (was ich nicht brauche, mich aber auch nicht stört), gesungen von einer Frau, die selbst im hohen Alter nichts von ihrer Ausstrahlung, Kraft und Stimmgewalt verloren hat. Und deren Werk nicht nur Folk, sondern auch Rock, Elektro, und Country Folk abdeckt.
Buffy Sainte-Marie, geboren am 20. Februar 1941 im Cree-Reservat Piapot 75 im Qu’Apelle Valley der kanadischen Provinz Saskatchewan, wird 80. Herr Sathom feiert mit seinen zwei Lieblingssongs:
Buffy Sainte-Marie & Band: Starwalker
Buffy Sainte-Marie & Tanya Tagaq: You Got To Run (Spirit Of The Wind)