:: Do you come for my Propaganda

Reden wir über Propaganda. Es ist Krieg, und im Krieg zählt die Wahrheit zu den ersten Opfern, wie eine Binsenweisheit wissen will; unterhalten wir uns also darüber, wie das in der Praxis durch Propaganda erreicht wird, und wie sich verschiedene Formen dieser Beeinflussung erkennen lassen.

Denn während die meisten Menschen vermutlich meinen, Propaganda leicht erkennen und sich gegen sie wappnen zu können, ist es so einfach dann doch nicht.

Zu den Leuten, die sich für propagandaresistent halten, gehörte bis vor Kurzem auch Herr Sathom; er dachte bei „Propaganda“ an Leute, die geifernd hinter einem Podium herumfuchteln, oder an naßforsche Siegesmeldungen aus dem Volksempfänger. Die letzten Wochen gaben ihm Gelegenheit, hier etwas zu lernen. Wirklich „gut gemachte“ Propaganda ist manchmal nicht als solche zu erkennen; sehr gut gemachte kann sogar eine gewünschte Wirkung erzielen, obwohl (oder sogar weil!) sie als solche erkannt und durchschaut wird (dazu mehr im zweiten Teil).

Also, was ist Propaganda?

Die Begriffsgeschichte ist kompliziert, und unterzog das Wort einigen Bedeutungswandeln; und während viele bei Propaganda an Goebbels-Reden und Wochenschaubilder denken, wird sie oft viel subtiler verbreitet. Das Wort „Propaganda“ heißt an sich nur „Verbreitung“ und meint die von Ideen; ursprünglich religiös konnotiert, galt es zu Beginn das 20. Jahrhunderts als sogar notwendiges Mittel gesellschaftlicher Debatten und wurde insofern wertneutral verwendet. So gesehen ist der Begriff eigentlich deckungsgleich mit „Öffentlichkeitsarbeit“ bzw. „Public Relations“. Diese Bezeichnungen wurden eingeführt, nachdem das ursprünglich neutrale „Propaganda“ immer mehr mit Diktaturen verbunden wurde, also einen abwertenden Charakter bekam. (Böse formuliert könnte man natürlich auch sagen, daß es sich um eine reine Begriffsklauberei handelt, die ggf. verschleiern soll, daß Konzerne, Think Tanks oder privatwirtschaftliche Interessengruppen mit ihren Informationskampagnen eben auch Propaganda betreiben, und sich dabei oft derselben Methoden der Lüge, Täuschung und Manipulation bedienen.)

„Propaganda“ ist also ein Begriff, der diversen Bedeutungsänderungen unterlag. Klarheit herrscht lediglich in einer Hinsicht: „Propaganda erfordert Organisation“ (Wikipedia). Es handelt sich also um den organisierten Versuch, mit den geeigneten Mitteln, Ressourcen und Verbündeten absichtsvoll Meinungen zu ändern, zu drehen, oder überhaupt erst zu erzeugen. Propaganda verlangt demnach die Verfügbarkeit solcher Mittel und die Fähigkeit, eine entsprechende Kampagne strategisch zu planen und durchzuführen. Wer also im Internet Fake News, Querdenker-Quatsch oder andere Lügen teilt, weil er oder sie daran glaubt, betreibt im strengen Sinne keine Propaganda; ist eher deren Opfer. Zugleich kann es Trolle geben, die solche Beiträge absichtlich bzw. auf Anweisung teilen, was wieder in die Kategorie Propaganda fallen würde. Persönlich würde ich allerdings behaupten wollen, daß auch Einzelpersonen Propaganda betreiben können – sofern sie es in der bewußten Absicht tun, Meinungen zu beeinflussen oder Anhänger gegenteiliger Meinungen zu verunsichern, und sofern sie wissen, daß ihre Behauptungen nicht den objektiven Gegebenheiten entsprechen.

Machen wir uns also mit diesem immerhin halbwegs tauglichen Rüstzeug auf den Weg und betrachten einige typische, aktuell verwendete Formen von Propaganda.

Klassische Propaganda
Britisches Propagandaplakat, I. Weltkrieg. Copyright: Gemeinfrei; keine bekannten rechtlichen Beschränkungen (siehe Urheberrechtsnotiz).

Die Propaganda der russischen Seite ist noch ganz alte Schule: Der Feind wird dämonisiert, teuflisch dargestellt; er begeht Völkermord, bastelt an Biowaffen, begeht Verbrechen an russischsprachigen Menschen. Den Feind als grausames Tier darzustellen, das sowohl bestialisch, als auch eine niedere Kreatur ist, war in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts noch allgemein üblich (siehe hier). In Vorstellungen von „dem Russen“ lebte dieses Propagandamotiv auch noch in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts als Phantom fort. Zu solchen Mitteln greift die westliche mediale Politik nicht mehr – nirgends wird behauptet, „der Russe“ sei so eine Art Menschenfresser. Im Gegenteil: Daß nicht die russische Bevölkerung der Feind sei, wird betont, über Friedensdemos und Widerstand berichtet – und das ist tatsächlich ein bedeutender Fortschritt gegenüber früheren Zeiten. Da sind wir weiter als Putin, dessen Propaganda die Ukrainerïnnen weiterhin dämonisiert (wenn auch nicht als Tiere, oder als orakähnliche Ungeheuer, darstellt); was im letzten Jahrhundert noch allgemein üblich war, nicht nur Russen gegenüber, haben wir hinter uns gelassen (im Ersten Weltkrieg etwa behauptete die britische Propaganda, daß deutsche Lazarettschwestern gefangene, verwundete Briten sadistisch foltern würden – etwa, indem sie vor den Augen der Verdurstenden Wasser auf den Boden gießen).

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