Die „Letzte Generation“ hat angekündigt, in den kommenden Wochen Berlin „lahmlegen“ zu wollen (als ob Berlin dabei Hilfe bräuchte); da ist es fast schon wieder gut, daß der dritte Teil dieser Serie zum Klima-Aktivismus-Serie einige Zeit auf sich warten ließ (aus den üblichen beruflichen Gründen – Personalmangel, Urlaub von Kolleginnen, und daher Arbeit, Arbeit Arbeit war Herr Sathom verhindert). So erhält das Ganze eine neue Aktualität.
Und das Thema bleibt aus schon früher genannten Gründen relevant. Vielleicht kurz zur Erinnerung: Daraus, wie eine Gesellschaft auf bestimmte Verhaltens- und Aktionsformen reagiert – was sie skandalisiert, was nicht, was sie duldet oder verdammt – kann man sehr viel über diese Gesellschaft als solche lernen; die mediale und politische Reaktion auf die Klebe-Aktionen der Klimaaktivistïnnen zeigt auf, welche Macht- und Herrschaftsstrukturen existieren, welche „Werte“ diese als maßgebend betrachten, und wie mit Kritik allgemein umgegangen wird. Das gilt für die hier schon behandelten Klebe-Aktionen in Museen eben so wir für die Straßenblockaden.
Die Vorgehensweise bleibt dabei dieselbe. Wie schon bei den Kunstaktionen geht es um diesen Katalog von Fragen:
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Was ist eigentlich wirklich passiert?
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Wie wird es in den Medien dargestellt (und inwieweit weicht diese Darstellung von den Tatsachen ab)?
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Welche Reaktionen aus Politik und Öffentlichkeit erfolgen?
Ich werde im Augenblick nur abhandeln, was tatsächlich geschehen ist, und wie es dargestellt bzw. kritisiert wird. Die abschließende Analyse der oben vollmundig angekündigten „Großen Fragen“ über unsere Gesellschaft bleibt einem letzten Teil vorbehalten (von einigen Vorgriffen, soweit sie notwendig scheinen, abgesehen). Oder zwei letzten Teilen, das Ganze könnte etwas umfangreich werden. Gefragt werden wird dann auch müssen, welche Motive und Interessen einzelne Gruppen – Politikerïnnen, Medienschaffende, Öffentlichkeit – für ihre jeweiligen Reaktionen haben könnten; und ob es hierbei eher um gesellschaftliche Macht als um die Sache geht (z.B. die Frage, wer die Meinungshoheit hat – ein eher bizarrer Vorwurf lautet ja, die „Letzte Generation“ würde die öffentliche Debatte durch ihre aufsehenerregenden Aktionen kapern, was darauf hindeutet, daß ihre Gegnerïnnen es als ihr Privileg ansehen, diese Debatte zu bestimmen; also auf Konkurrenzneid oder Angst vor Machtverlust).
Also: Erstens, was ist wirklich passiert – und passiert noch?
Wie schon bei den Aktionen „gegen“ Kunstwerke zeigt eine nüchterne Analyse, daß an den gegen die „Letzte Generation“ erhobenen Vorwürfen so gut wie nichts dran ist. Sie sind entweder übertrieben oder frei erfunden, oder beruhen auf Spekulationen, was bei solchen Aktionen theoretisch geschehen könnte – wobei manche Medienakteure, z.B. die der Springer-Presse, offenbar wünschen, daß sie geschehen sein sollen. So behauptete etwa Mario Czaja (CDU) noch kürzlich im Interview, daß „Gemälde zerstört“ worden seien, obwohl das nachweislich in keinem Fall geschehen ist; ein Hinweis, daß das Narrativ von verheerenden Schäden, die die böse „Letzte Generation“ anrichte, trotz anderslautender Fakten fortgeschrieben soll. Und längst fest im Denken verankert ist (der interviewende Journalist korrigiert Herrn Czaja nicht).
Der Hauptvorwurf gegen die Straßenblockaden wiegt allerdings viel schwerer: Sie könnten – theoretisch – Menschenleben kosten, indem sie Rettungsfahrzeuge aufhalten. Manche Outlets, wie z.B. die „Bild“, ließen sich in der Vergangenheit zu der Behauptung hinreißen, das sei sogar schon passiert. Stimmt das?