:: „Killerspiele“ und Medien – Nachtrag

Einige Links zur Absurdität der Hetze gegen sogenannte „Killerspiele“, auf die ich im Verlauf der Recherchen zum Winnenden-Artikel und bei der weiteren Verfolgung des Themas stieß, sollen hier noch als Nachtrag zu diesem vorgestellt werden. Ich teile nicht alle Auffassungen, die in den verlinkten Beiträgen vertreten werden, soweit diese z.B. ebenfalls auf den Mythos der Unerklärlichkeit von Amokläufen abheben (weil dieser Mythos wiederum andere Ursachen als die Spiele ausblendet), finde jedoch, daß hier sowohl die Absurdität des Vorwurfs an sich, als auch die dahinterliegenden Motive sehr gut auf den Punkt gebracht werden.

Aktuell:

Allgemein zum Umgang der Medien mit dem Thema:

2 Kommentare zu „:: „Killerspiele“ und Medien – Nachtrag“

  1. Was mich immer noch sehr irritiert ist der Umstand, dass vieles Pseudowissenschaftliche immer noch als Fakten in vielen Koepfen herumspuken. Diese Fakten sind reine, wiederkehrende Stilmittel der Medien in Bezug auf bestimmte Ereignisse, haben aber keinen wirklich wissenschaftlichen Hintergrund.

    Natuerlich kann ich mich auch hier wieder darueber auslassen, wie das auch auf Gender-Fragen uebergreift – warum Frauen nicht Amok laufen koennen, etc.

    Ein Detail, das mich besonders traurig stimmt – wie man dem Ruf nach einer Verschaerfung des Waffengesetzes nicht entgegenkommt, weil man keinen Zusammenhang sieht. Aber der Ruf nach einem Bann fuer Computerspiele – dem geht man nach. Mit Waffen kann man bekanntlich nur schwer toeten, aber die scharfen Kanten der Jewel Cases…

    1. Zunächst einmal sorry wegen der verspäteten Antwort – aus irgendeinem Grund bin ich nicht wie sonst benachrichtigt worden, daß ein Kommentar vorliegt, und habe ihn auch jetzt nur zufällig wahrgenommen, weil ich aus anderen Gründen mal wieder mein Blog aufgesucht habe.

      Anyway – @pseudowissenschaftlicher Spuk: naja, ehrlich gesagt irritiert mich das leider gar nicht. Die ständige Wiederholung stereotyper Tatsachenbehauptungen ist leider genau die Art und Weise, auf die gesellschaftliche „Realität“ (also das, was die meisten für objektive Realität halten) produziert wird. Und die Mainstreammedien spielen dabei immer eine tragende Rolle. Was nach dem Motto „steter Tropfen höhlt den Stein“ über und über wiederholt wird, verfestigt sich in den Köpfen zum beglaubigten Fakt – nebenbei bemerkt auch das, was als wissenschaftlich belegt bezeichnet wird, wobei jedoch bestimmte Lehrmeinungen gebetsmühlenartig wiederholt, andere, kontroverse, verschwiegen werden (insofern wäre ich auch hinsichtlich „wissenschaftlicher Hintergründe“ immer etwas skeptisch). Das zeigt sich auch in vielen anderen Bereichen, nicht nur in diesem. Und führt zu diesen Sätzen, die mit „Wie jeder weiß…“ beginnen, die ich anderswo in diesem Blog erwähnt habe. Ein Beispiel dafür wäre, wie in den letzten Jahren (unter Ausblendung der weitaus komplexeren Forschungsstände und Verschweigen anderer Ansätze) Gender-Unterschiede wieder allein als genetisch bedingt deklariert wurden, ein anderes, wie von neoliberalen Wirtschaftswissenschaftlern vom „Markt“ geredet wird – nicht wie von etwas Interessengesteuertem und Menschengemachtem, sondern wie von einer sich selbst organisierenden Naturgewalt, der man sich eben nur unterwerfen kann, wobei die Wissenschaftler eher wie die Herolde oder Propheten einer universellen Wahrheit auftreten (die wahr, weil „Wissenschaft“ ist) und uns dabei erklären, warum Staaten und Weltbevölkerung nur mitziehen können, wenn einige wenige sich bereichern. Anderes Beispiel: das seit geraumer Zeit populäre 68er-Bashing. In all diesen Fällen werden bestimmte Behauptungen einfach endlos wiederholt, und kommen gegenteilige Ansichten kaum zur Sprache, bis letztlich diese Aussagen in den Köpfen zur alleinigen Realität werden. Auch die gesamte Werbeindustrie und PR-Branche funktionieren so, indem sie ununterbrochen vorkauen, wie man zu sein, und was man zu diesem Zweck zu haben hätte.

      Ein anderes Element dieser Realitätsproduktion ist übrigens, wovon permanent nicht geredet wird. Ich erinnere mich z.B., in der Schule gelernt zu haben, wir hätten eine soziale Marktwirtschaft – bereits kurz nach dem Mauerfall war in den Medien ständig vom Sieg der „freien“ Marktwirtschaft die rede, der Zusatz „sozial“ verschwand einfach über Nacht (und spätestens in der übernächsten Generation aus der Erinnerung).

      Insofern wundert mich das leider gar nicht – zumal ich mal davon ausgehe, daß die meisten Medienschaffenden diesen Mist wirklich glauben, weil sie selbst schon so sozialisiert sind, oder es ihnen egal ist – Hauptsache, sie können etwas bieten, das Sensationslust befriedigt und Gänsehaut liefert (die ganzen Klassiker – das Böse, das von außen kommt, die Jugend verdirbt, das ungeahnte Ausmaß der Sache, etc., etc.).

      @Gender: ist mir auch schon aufgefallen, daß Frauen (bisher) nicht Amok laufen. Weshalb sie nicht „können“, ist mir allerdings bisher unklar. Hast Du da irgendwelche Infos/Theorien/Erklärungen (ich selbst würde davon ausgehen, daß sie schon könnten, es nur aufgrund anderer Sozialisation nicht tun – aber dafür über andere Strategien, entweder des Coping oder der subtileren Gewaltausübung verfügen)?

      @Waffen vs. Computerspiele: da sind wir wieder bei den gesellschaftlichen Interessen, denke ich. Gegen die Games zu wettern, entspricht den klassischen Bedrohungsgefühlen und -szenarien gerade in Bezug auf „die Jugend“, dient auch der Verleugnung anderweitigen Versagens gegenüber Jugendlichen, Waffen hingegen haben immer noch eine positive Besetzung dank einer Lobby, die sie Traditionspflege assoziiert, also mit etwas konservativ-gesellschaftsstützendem (etwa Schützenvereinen).

      Naja, ich hoffe, das macht Sinn (so verkürzt fehlt natürlich der theoretische und empirische Hintergrund zu meinen Aussagen).

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