Schlagwort-Archive: computerspiele

:: Retrogaming: Atomraketen und Despoten

Copyright © 1989 New World Computing, Inc.

So gut gelaunt wurde man begrüßt, wenn man 1989 einen Amiga oder PC, und das Computerspiel Nuclear War besaß. Ein Spiel, in dem man gegen so illustre Gegnerïnnen wie Ronnie Raygun, P.M. Satcher, oder Infidel Castro antreten konnte – Karikaturen damals bekannter Politikerïnnen natürlich, mit bis zur Wiedererkennbarkeit veralberten Namen.

Und ich sitze gerade hier und frage mich: Wen würde ein Spiel wie Nuclear War uns wohl heute entgegenstellen? Vielleicht Don da Con („Don der Gauner“), wie die Amis ihren Ex-Präsidenten liebevoll nennen; und natürlich dürfte Vladimad Pootin nicht fehlen, oder auch Randy Recep, Kim Il Dump, Xi Kapwing und so weiter.

Falls jemand heute ein Remake dieses Spiels wagen würde. Angesichts der aktuellen Lage würden diejenigen vermutlich wegen Geschmacklosigkeit gekreuzigt, und geschmacklos – aber auch gnadenlos makaber, und eben deswegen saukomisch – war das Spiel schon damals. Und daß ich ausgerechnet jetzt mit einer Rezension anreite, könnten Manche wohl auch als, gelinde gesagt, unangemessen werten. Aber manchmal ist Lachen angesichts des Entsetzlichen eben auch eine Möglichkeit, sich vom Grauen nicht überwältigen zu lassen.

Damals, als es 1989 für den Amiga und später auch für den PC erschien, haben wir es jedenfalls gespielt – auch bei vorhandener Antikriegshaltung. Daß man es (vermute ich) aktuell schlimmer fände, hat vielleicht auch damit zu tun, daß die damals zeitgleich ablaufenden realen Kriege irgendwo weiter weg, und nicht zwischen „zivilisierten“ Ländern voller Weißer unseres „Kulturkreises“ stattfanden. Zudem profitierte Nuclear War vielleicht auch davon, daß es gegen Ende des Kalten Krieges erschien, und das Schreckensszenario eines Atomkriegs ziemlich schnell zur (scheinbarer) Vergangenheit wurde. Aber wie auch immer – ich glaube tatsächlich, ein Grund, daß man sich ein satirisches Spiel wie Nuclear War gibt (oder Filme wie Doktor Seltsam ansieht), besteht darin, daß man den Irrsinn in all seiner Irrsinnigkeit betrachten kann, ohne ihn erleben zu müssen; und aus dieser sicheren Distanz über den Wahnwitz eben – lachen kann. Und über die vorkommenden Diktatoren, die ja, ehrlich gesagt, tatsächlich irgendwie komisch sind: Putin wirkt im Fernsehen inzwischen wie ein angeschwollener Muppet, dem jemand einen Menschenkopf angenäht hat. Ein Clown, hielte er nicht so viel reale Macht in Händen.

Genug gelabert. Kommen wir zur Sache.

:: Weiterlesen

:: Retrogaming: Metamorphosis – Mystery of the Creator

Rezensiert hat Herr Sathom das Spiel Metamorphosis IV: Earth Warrior – „Labyrinth of the Creator“ im ersten Teil; jetzt aber zum versprochenen Rätsel um das Game und seinen Schöpfer.

Ich erinnere „Labyrinth of the Creator“ als eines meiner ersten C64-Spiele – was allerdings nicht stimmen kann, denn ich hatte es als Diskettenspiel, aber das Floppy-Laufwerk (die VC 1541) konnte ich mir erst ein Jahr nach Kauf des Computers leisten. Bis dahin war ich auf die Datasette angewiesen (beides, 64er und Zubehör, bekam ich nicht geschenkt; ich mußte dafür jeweils in den Sommerferien lang bei Woolworth arbeiten). Auch das Veröffentlichungsdatum (1983) spricht dagegen.

::Weiterlesen

:: Retrogaming: Metamorphosis 4 – Labyrinth of the Creator

Labyrinth of the Creator“ (1983, Mogul Communications) war ein Spiel für den C 64, das ich mal als „obskur“ bezeichnen möchte; ein ganz gewöhnliches und auf den ersten Blick kaum beeindruckendes. Eines von vielen, die vielleicht zu recht in Vergessenheit geraten – und doch wieder ein sehr ungewöhnliches, ein merkwürdiges Spiel, und das in mehrfacher Hinsicht. Und eines, das ein Geheimnis umgibt, genau wie seinen Programmierer.

Dies ist die Geschichte einer Spurensuche. Sie führt über lückenhafte und widersprüchliche Informationen zuletzt ins Nichts (oder fast). Dadurch bewahrt sie einen Rest an Geheimnis, womit sie zugleich fasziniert und frustriert, fast wie ein Spiel von Mike Wacker, wer immer das gewesen – aber ich überstürze; der Reihe nach.

Und keine Sorge, das wird auch noch eine „richtige“ Rezension – aber nicht nur. Es gibt ein „Mehr“ an „Labyrinth of the Creator“ (voller Titel: Metamorphosis IV: Earth Warrior – „Labyrinth of the Creator“); das Geheimnis eben. Kein besonders wichtiges vielleicht, keine Suche nach dem Bernsteinzimmer, oder nach der wahren Identität von Jack the Ripper, sicher; nur eine weitere versandete Karriere aus der Frühzeit der 8-Bit-Computer. Aber heutzutage, wo man im Internet alles über jeden Scheiß herausfinden kann, erzeugt eine so lückenhafte, nicht mehr aufklärbare Geschichte für einen Nostalgiker wie mich, der gern Wissenslücken über seine damaligen Lebensumstände stopft, eine Mischung aus Reiz und Frustration. Nur so zum Beispiel: Während für jedes noch so obskure Spiel der 8- und 16-Bit-Ära zigtausend Longplays auf YouTube existieren, habe ich für „Labyrinth of the Creator“ gerade mal eines gefunden. Auf YouTube. Das muß man erstmal hinkriegen; und es zeigt, wie obskur dieses Game ist.

Die Schnitzeljagd beginnt damit, daß Herr Sathom – gerade mal wieder auf dem 64er-Trip – sich vage erinnert, mal ein merkwürdiges Game gespielt zu haben. Eines, das er weder richtig gut noch richtig scheiße fand; das, obwohl es eher halbprofessionell wirkte und mit den Spielehits der Zeit bestimmt nicht mithalten konnte, ihn so sehr fesselte, daß er es wie verrückt spielte, bis er es bezwungen hatte. Und damit, daß er meint, der Name des Programmierers sei ihm damals mehrfach bei ähnlichen, irgendwie halb genialen, dennoch nicht überragenden, und immer irgendwie seltsamen Games untergekommen. Er denkt zuerst an A. Crowther, doch das war jemand anderes. Es muß aber jemand mit einem Namen sein, der dem jugendlichen Herrn Sathom auffiel, so daß er sich ihn merkte. Es braucht schon einige Nachforschungen, um auf den Namen Mike Wacker zu stoßen. Und damit ist die Dose Würmer offen.

Jedenfalls: Aus Gründen, zu denen ich noch kommen werde, ist „Labyrinth of the Creator“ ein Spiel, das beinahe großartig ist, wozu ihm aber irgend etwas fehlt – es ist aber auch nicht schlecht, weil es ein gewisses Etwas hat, das sich nicht definieren läßt. Ein Element, das manche B-Filme aufweisen, was sie nicht wirklich gut, aber irgendwie kultig macht – einen Anflug Genialität, der sich nicht wirklich entfalten kann, aber einen starken Sog ausübt.

Kurz, es ist ein Spiel von Mike Wacker.

Zu ihm später mehr – was nun „Lab of the Creator“ angeht, wie es auch genannt wurde, weist es einige für Wackers Spiele typische Eigenschaften auf.

  1. Es ist abartig schwierig, ohne daß klar würde, ob das auf Absicht oder schlechtes Design zurückgeht.
  2. Das „Gameplay“ und die Handlung sind ziemlich eindimensional, aber aus einem unerklärlichen Grund stark motivierend.
  3. Einige Entscheidungen bei der Optik und beim Konzept erscheinen merkwürdig, zumindest erklärungsbedürftig.
  4. Es wartet mit kleinen Twists und Überraschungen auf, die man bei einem ansonsten recht monotonen Shooter nicht erwarten würde, deren Auswirkungen aber begrenzt bleiben. Vielleicht erzeugt das den Eindruck dieses „Hauchs Genialität“ – Wackers Spiele enthalten Elemente, die wirken, als habe er mehr im Sinn gehabt als „nur“ ein Ballerspiel, aber diese Elemente bleiben randständig. Es ist, als hätte etwas – Zeitmangel, damals noch fehlende Erfahrung damit, die Möglichkeiten des C 64 voll auszuschöpfen, was auch immer – sie gehindert, sich zu einem komplexeren Spiel zu verbinden. Sie bleiben bloße Einfälle.

Auf den nächsten Seiten: Worum geht’s im Spiel, und wie fällt die Bewertung aus?

:: Wieso wußte ich nicht, daß es das gibt?!?

Junge, Junge, Junge. Mann, Mann, Mann. Ich könnte mir an den Kopf fassen. Nein, wirklich.

Da recherchiere ich seit Jahren immer mal wieder, wenn mich die Nostalgie packt, zu alten Videospielen aus der 8- und 16-Bit-Ära; zu Hintergründen von deren Entstehung, zu ihren Macherïnnen (demnächst in diesem Theater übrigens ein Zweiteiler über einen mysteriösen (na ja, halbwegs) C64-Programmierer und dessen obskures Werk).

Und die ganze Zeit wußte ich nicht, daß es seit 2002(!) ein online frei verfügbares Buch gibt, das Interviews mit vielen maßgeblichen Gamedesignerïnnen der frühen 8-Bit-Tage enthält.

Es handelt sich um Halcyon Days („Glückliche Tage“), zuletzt 2018 aktualisiert; zu den Interviewten zählen Größen wie Danielle Berry (M.U.L.E.), Jon Freeman und Anne Westfall (Archon, Archon II), Jeff Minter und viele andere. Garniert ist das Ganze mit einem Vorwort von John „Doom“ Romero. Autor bzw. Herausgeber James Hague ist selbst vom Fach (und offenbar verantwortlich für ein Spiel mit dem hübschen Titel Uncle Henry’s Nuclear Waste Dump. Eine Sache, der ich mal nachgehen muß; allerdings handelte es sich wohl um ein BASIC-Spiel zum Abtippen in einem Computermagazin).

Das Buch liegt hier frei verfügbar im HTML-Format vor. Ursprünglich entstand es 1997 und wurde einige Zeit lang auf Diskette vertrieben (Details zur Publikationsgeschichte hier, falls sie irgendwen interessieren). Englischkenntnisse sind leider Voraussetzung. Die dazugehörige Giant List of Classic Game Programmers führt außerdem die Namen aller damals Beteiligten und eine Liste ihrer Spiele auf – nicht mehr, aber ggf. ein guter Ausgangspunkt für Recherchen.

Tja, was soll Herr Sathom sagen? Wieder eine Bildungslücke gestopft, und: Viel Spaß beim Schmökern!

:: Great Giana Sisters: Back in Style

Herr Sathom macht ja sonst keine Reklame, weil er Reklame verabscheut, aber das Folgende veranlaßt ihn zur berüchtigten Ausnahme von der Regel.

Bestimmt erinnern sich viele Computerspiel-Nostalgiker wehmütig an die Great Giana Sisters, jenen berühmten Mario Brothers-Clone, der schnell Kultstatus erlangte. Anläßlich des fünfundzwanzigjährigen Jubliäums der Erstveröffentlichung planen Black Forest Games eine Neuauflage, die durch das Project Giana auf Kickstarter per Crowdfunding finanziert/unterstützt werden kann. Der Videotrailer des Games verspricht Einiges an phantastischer Optik und Sound, und die umfangreichen Informationen zu Artwork, Gegnern und Spielmechanismen, die sich auf der Kickstarter-Seite finden, erlauben eine klare Vorstellung dessen, was von dem Spiel erwartet werden darf. Unterstützer erwarten überdies neckische Geschenke – Herr Sathom hofft einfach mal, daß sich bis zum Stichtag am 31.08. genügend Unterstützer finden, da er zu gern die Realisierung des Projekts erleben würde.

Und weil Herr Sathom gerade dabei ist: ebenfalls per Crowdfunding unterstützt werden kann Shadowrun Online, ein Projekt der österreichischen Firma Cliffhanger Productions. Auch dieses Projekt ist einen Blick auf den Videotrailer und die detailreichen Angaben der Macher wert.

:: „Killerspiele“ und Medien – Nachtrag

Einige Links zur Absurdität der Hetze gegen sogenannte „Killerspiele“, auf die ich im Verlauf der Recherchen zum Winnenden-Artikel und bei der weiteren Verfolgung des Themas stieß, sollen hier noch als Nachtrag zu diesem vorgestellt werden. [Weiterlesen]