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:: Von den Toten nur Gutes?

„De mortuis nihil nisi bene“ – so lautet die lateinische Übersetzung einer ursprünglich griechischen Wendung: Von Verstorbenen sei nur in guter Weise zu sprechen.

Und nur selten findet man einen Nachruf auf Politikerïnnen oder andere Personen des öffentlichen Lebens, der so freimütig titelt wie der Rolling Stone über den neulich verstorbenen Henry Kissinger: „Henry Kissinger, War Criminal Beloved by America’s Ruling Class, Finally Dies“ („Henry Kissinger, von der herrschenden Klasse Amerikas geliebter Kriegsverbrecher, stirbt endlich“) heißt es da unter dem Übertitel „Good Riddance“ (sinngemäß etwa „Ab mit Schaden“).

Man kann über Mr. Kissingers Verdienste oder Verbrechen sicherlich unterschiedlicher Meinung sein (Herr Sathom tendiert eher in die Richtung, die auch der Rolling Stone einschlägt); aber von offizieller Seite wird man in einem solchen Fall hauptsächlich Lobeshymnen (oder kurze Kommentare, die sich allzuviel Lob verkneifen) hören.

Und das bringt uns zu Wolfgang Schäuble. Klar, so viel auf dem Kerbholz wie Kissinger hatte er nicht – allerdings auch weder die nötige Macht noch den internationalen Einfluß dafür. Aber immerhin: Er galt als einer der bedeutendsten deutschen Politiker; und so lange er noch neben Angela Merkel in der CDU-Parteispitze saß, landete er regelmäßig auf Platz 1 in der Beliebtheitsskala deutscher Politikerïnnen, die das ZDF an Freitagabenden regelmäßig ausstrahlt. Die Bevölkerung hielt große Stücke auf ihn; und anläßlich seines kürzlichen Todes fanden sowohl Parteifreundïnnen als auch ehemalige politische Gegnerïnnen warme, lobende Worte für den Mann.

Herr Sathom fragt sich bloß: Warum? Und er gibt zu, es ärgert ihn ein bißchen – so wie ihn auch der erste Platz im Politranking regelmäßig ärgerte, so lange Wolfgang Schäuble noch maßgeblichen politischen Einfluß ausübte.

Also, warum? Man muß einen Toten nicht posthum mit Schmähreden überziehen, zumal er nicht mehr antworten kann; doch anstelle irgendwelcher lobender Nachreden sollte man einen nüchternen Blick auf sein Leben und Wirken richten. Bei Wolfgang Schäuble ernüchtert dieser Blick.

Schäuble war nicht nur in die CDU-Spendenaffäre Anfang 2000 verwickelt, und sein Finanzministerium reagierte äußerst träge auf erste Hinweise auf die Cum-Ex-Affäre; dergleichen gilt heutzutage schon als Lappalie, und immerhin haben wir auch einen Bundeskanzler, der sich diesbezüglich der Gnade der partiellen Amnesie erfreut. Wenigstens war Schäuble wegen der Parteispenden-Enthüllungen noch von seinen damalige Ämtern zurückgetreten und hatte sich beim Bundestag – auch für Lügen, die er in dem Zusammenhang erzählt hatte – entschuldigt (mehr ist ihm allerdings auch nicht passiert).

Folter, Haft, Unschuldige: Zurück in die Vergangenheit

Aber das ist nicht das Anstößige an der Person Schäuble, nicht der Grund, weshalb seine Beliebtheit im Grunde skandalös ist. Nicht das, was Wolfgang Schäuble eigentlich als Politiker weitaus größerer Kritik hätte aussetzen sollen. Es sind seine politischen Auffassungen.

Als Bundesinnenminister schlug Schäuble vor, die Aussagen Gefolterter – etwa Gefangener in Guantanamo – für die Ermittlungsarbeit deutscher Sicherheitsbehörden zu verwenden.

2009 sprach er sich in einem Interview dagegen aus, Terrorverdächtige bei erwiesener Unschuld freizulassen – denn gerade, weil sie unschuldig eingesessen hätten, könnten sie ja deswegen Aggressionen und Rachegelüste aufgebaut haben (um so mehr – denn damals ging es um die Freilassung von Gefangenen aus Guantanamo – wenn sie gefoltert worden wären).

Foltergeständnisse nutzen, wenn man nur selbst nicht gefoltert hat, es aber praktischerweise Andere taten; Unschuldige festhalten, weil sie unschuldig sind, Menschen wegen potentiell möglicher, zukünftiger Motive inhaftieren – Wolfgang Schäuble demonstrierte immer wieder ein Rechtsverständnis, das ihn eigentlich für den Posten des Bundesministers des Inneren hätte disqualifizieren müssen; Ansichten, die ihn für jedes politische Amt hätten disqualifizieren müssen.

:: Der Dieter mal wieder (Part III: Nimmt das denn gar kein Ende?!?)

Bisher in diesem Theater: Teil I („Empty Skull Island“) und Teil II („Der Geistesgnom vom Kleinkunstfriedhof oder: Panik am Bahnhofskiosk“)

And now to the fucking Fazit.

Vorsicht, es wird ein bißchen redundant; aber ich wollte einige angerissene Punkt noch einmal schärfer herausarbeiten.

Zunächst: Es mag ein wenig merkwürdig erscheinen, daß ich mich im ersten Teil an einer zwei Jahre alten Sendung von Dieter Nuhr abarbeite; abgesehen davon, daß mich der damalige Auftritt noch lange negativ beschäftigt hat, denke ich aber, daß dieses ältere Programm und der Bogenschlag zur kürzlichen Hasters-Debatte zeigen, daß wir es bei Nuhr mit einer umfassenden, über Jahre unveränderten Agenda und Ideologie zu tun haben, nicht um einzelne Irrtümer, Ausrutscher oder Überspitzungen eines Kabarettisten. Das Gerechtigkeits-Programm von 2018 zeigt Nuhrs Methode und Weltanschauung wie unter einem Brennglas; man könnte auch sagen: Das ist nichts, was ihm, wie jedem Satiriker, mal passieren kann; sondern in allen von Nuhrs Programmen eben – Programm.

Das in den vorangehenden Artikeln skizzierte Problem besteht darin, daß es dabei eben nicht nur um Dieter Nuhr geht; daß er lediglich für ein größeres, umfassenderes Problem steht, das den gesamten gesellschaftlichen Diskurs verzerrt. Das nämlich, daß ein privilegiertes, gutsituiertes Bürgertum von einer stark ausgeprägten sozialen Ungerechtigkeit profitiert bzw. diesen Zustand leugnet; während es zugleich seine glücklichere Stellung für gerechtfertigt, weil vernünftig begründet hält. Denn Dieter Nuhr erklärt den Leuten ja nichts (wie es etwa Volker Pispers, Frank-Markus Barwasser alias Erwin Pelzig oder Günther Schramm versuchten); er erzählt ihnen bloß, was sie ohnehin schon denken. Und verstärkt dieses Denken, indem er sich als Inbegriff kühler, entspannter Ratio präsentiert: Die Stimme der Vernunft, die euch recht gibt.

Ironisch daran ist, daß die konservativen Bürger*innen sich zugleich für die einzige Personengruppe halten, die beurteilen kann, daß die bestehenden Herrschafts- und Verteilungsverhältnisse „vernünftig begründet“ sind; denn nur sie verfügen, so ihre Selbsteinschätzung, über die zum Urteil befähigende Vernunft. Sie ist, gewissermaßen, ihr Eigentum; als Beleg dafür gilt ihnen ihr sozialer Status. Das ist etwa so, als würde sich ein Schüler im Jahreszeugnis eine Eins in Mathematik geben, ganz gleich, wie viele Dreien und Vieren er bei schriftlichen Tests produziert hat – und dies damit begründen, daß er eben „wisse“, daß er ein Genie in Mathe sei (und zwar, weil er ja eine Eins habe). Kurz, nur man selbst – als Angehöriger einer bestimmten Schicht – verfügt über die nötige Vernunft, zu befinden, was vernünftig sei; und siehe da, zufällig ist es das, was zum eigenen Vorteil gereicht.

Dieter Nuhr ist es gelungen, sich als besonnenen, aufgeklärten Mann zu präsentieren, der ruhig nachdenkt, bevor er spricht, der abwägt, rational argumentiert; kurz, den idealtypischen Vertreter des aufgeklärten, mitteleuropäischen Bürgertums. Daß er das bewerkstelligen konnte, wirkt um so bizarrer, als er seine Berufung auf die Wissenschaft immer wieder Lügen straft, indem er deren Ergebnisse verzerrt darstellt, wenn seine vermeintlich rationalen Ausführungen nicht gleich kompletter Bullshit sind.

Tatsächlich vermochte Nuhr, sich als Mann mit solchen Qualitäten darzustellen, indem er sie einfach nur behauptet; er wird nicht müde, in Interviews oder auf der Bühne von sich als einem Vertreter wissenschaftlichen, rational-aufgeklärten Denkens zu reden. Er vollführt das Kunststück, sich hinzustellen und einfach zu sagen „ich denke rational und wissenschaftlich“, um dann den größten Quatsch zu erzählen – und es funktioniert.

:: Der Dieter mal wieder (Part II: Dieter Nuhr vs. Alice Hasters)

Hallo Leute, willkommen zu Teil 2 unseres lustigen Dieter-Bashings (#LaßsteckenichhabkeinTwitter). Lektüre des vorangehenden Artikels wird dringend empfohlen (da geht’s mehr ums Prinzipielle als um einen Einzelfall, und die Leute sollen ja wissen, warum ich mich so echauffiere; außerdem beziehe ich mich immer wieder auf das dort Gesagte).

Nun aber zum jüngsten Aufreger um den Dieter.

Der hat sich nämlich selbst aufgeregt über ein Buch, das er am Bahnhofskiosk gesehen haben will. Es heißt „Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen – aber wissen sollten“ und stammt von einer Frau Alice Hasters. Das Buch sei in den USA ein „Riesenrenner“, weiß Dieter, und: Der Titel sei „reißerisch“ und selbst rassistisch, weil er Weißen „aufgrund ihrer Hautfarbe automatisch Rassismus unterstelle.“

Ähm … ja. Lassen wir mal beiseite, daß Dieter das Buch nicht gelesen hat (und es auch gar nicht behauptet); denn es geht noch blöder. Frau Hasters ist nämlich eine deutsche Journalistin, deren Schmöker in den USA nie erschienen, bisher noch nicht einmal ins Englische übersetzt worden ist. Das ficht den Dieter nicht an, zu behaupten, daß solch linke Scheinintellektualität und Arroganz maßgeblich zum Aufstieg Donald Trumps beigetragen hätten. Weil, Alice Hasters, das klingt ja irgendwie englisch, das kann ja wohl keine Deutsche sein (schwarz ist sie auch noch), das muß ja dann ein amerikanisches Buch sein und deshalb. So ungefähr dürfte sich der intellektuelle Prozeß in Dieters Zwiebel abgespielt haben. Soviel, nochmals, zu seiner Selbstinszenierung als der Aufklärung verpflichteter Vernunftmensch (siehe vorangegangener Artikel). Wirklich ein besonnener Faktenchecker, der Dieter: Schwarze Autorin = bestimmt ein US-Bestseller = irgendwas mit Rassismus gegen Weiße weil kommt mir plausibel vor. So geht rationales Denken.

Auf seinen geistigen Schiffbruch angesprochen, erklärt er, der „formale Fehler“ und dessen „Nebensächlichkeit“ wären im Fact-Checking unbemerkt geblieben.

WIRKLICH, DIETER? Weißt Du als abiturbestätigter Bildungsmensch tatsächlich nicht, daß man über die These einer Autorin nichts wissen kann, wenn man das verdammte Buch eingestandenermaßen NICHT MAL GELESEN HAT? Oder daß nicht jede(r) Deutsche SCHLOHWEISS IST WIE GEISTER-BOB, UND NICHT JEDE FRAU MIT SCHWARZER HAUTFARBE AUTOMATISCH US-BÜRGERIN? Mal ganz abgesehen davon, DASS SCHLUSSFOLGERUNGEN IN FORM WILDER GEDANKENSPRÜNGE, BASIEREND AUF UNGEPRÜFTEN VORANNAHMEN, gerade so IRRATIONAL sind, wie du es anderen ständig vorwirfst? Und WER ZUM TEUFEL IST GEISTER-BOB, WARUM KOMMT UNS HERR SATHOM HIER MIT VERWEISEN AUF IRGENDWELCHE ALTEN FILME MIT PAUL NEWMAN?!?

Und das von Dir, der sich stets als bodenständiger Bildungsbürger gibt; und sich so stolz auf den Geist der Aufklärung beruft, als würde der Kerl neben Dir stehen und jedes deiner Worte abnicken? Also wirklich, Dieter. Manchmal machst du mich so wütend, daß ich direkt in Großbuchstaben schreibe.

Nun ist gerade der Gedankensprung in Nuhrs Aussagen zum Hasters-Buch nicht unwichtig. Um zu erklären, weshalb, muß ich etwas ausholen.

:: Religion vs. Aufklärung 1:0

Nachdem kürzlich das Kölner Landgericht die Beschneidung von Jungen aus religiösen Gründen zur strafbaren Körperverletzung erklärte, war der weitere Verlauf der Ereignisse durchaus vorhersehbar.

Daß Religionsvertreter sich medienwirksam und lautstark empören, der Rechtsstaat schließlich einknicken und – wie mittlerweile geschehen – eine rechtliche Neuregelung in Aussicht stellen würde, erfolgte mit solcher Zwangsläufigkeit, daß man die Vortäuschung einer entsprechenden öffentlichen Debatte und die damit verbundenen Talkshows ebenso gut überspringen, und sofort eine Gesetzesänderung hätte durchwinken können.

Die Kampagne, die zu diesem Ergebnis führte, wurde von den Vertretern der großen Religionen mit professioneller Empörung und routiniertem Spiel auf der emotionalen Klaviatur der eigenen Gläubigen geführt; medial geschickt und wirkungssicher wurden alle Register, von verletzten Gefühlen zutiefst verunsicherter, im Innersten erschütterter Gläubiger über den Holocaust, bis hin zu Ängsten vor internationalen Reaktionen, gezogen.

Dabei wurden im Verlauf dieses emotionalisierten Feldzugs gerade von den Vertretern der Religionsgemenischaften prekäre Fragen an die Religion, die das Kölner Urteil aufwirft, vollkommen ignoriert – Fragen, denen der deutsche Staat und seine Politiker, die sich unisono auf die Seite der Religion schlugen, in ihrer aktuellen Reaktion ebenso wenig Beachtung schenken.

Fatal an dieser Entwicklung, so vorhersehbar sie auch sein mochte, ist Einiges.

1.) Die Interpretation der Religionsfreiheit

Die Frage, ob bestimmte Handlungen, sobald sie von den Ausführenden religiös begründet werden, nicht ansonsten geltenden rechtlichen Bestimmungen unterliegen sollen, läßt sich nur absolut beantworten: entweder positiv für jede religiöse Handlung, oder für keine. Wenn die die Justiziarin der SPD-Bundestagsfraktion, Brigitte Zypries, verlauten läßt, es könne nicht sein, „dass Jahrtausende alte Traditionen von Millionen von Menschen auf diese Weise in Deutschland infrage gestellt werden“ (Quelle: tagesschau.de), dann müssen sämtliche auf religiösen Vorstellungen basierenden Rituale und Verhaltensweisen vom Strafrecht ausgenommen werden; alles andere würde bedeuten, daß man bestimmten Religionsgemeinschaften mehr Religionsfreiheit zugesteht, als anderen.

So, wie die parteienübergreifende Zusatimmung und die politische Begründung für eine rechtliche Sonderregelung derzeit formuliert sind, bieten sie keine Handhabe, nicht auch andere Praktiken per Sonderrecht dulden zu müssen, darunter etwa die weibliche Genitalverstümmelung, in deren Vollzug je nach regionaler Spielart Schamlippen und Klitoris entfernt, und in manchen Fällen auch der Scheidenvorhof vernäht wird. Diejenigen, die diese barbarische und die Betroffenen meist schwer traumatisierende Praxis üben, könnten sich ebenso auf die Freiheit ihrer Religion berufen, wie die aktuell betroffenen Religionsgemeinschaften – und sie ihnen zu verweigern, würde bedeuten, bestimmten Religionen mehr Rechte zuzugestehen als anderen. Da zur Zeit die Flucht aus Ländern, in denen die Genitalverstümmelung praktiziert wird, als Asylgrund anerkannt wird, stünde eine Duldung nicht nur im Widerspruch zu jeder abendländisch-aufgeklärten Tradition, sondern hätte auch weitreichende Auswirkungen auf andere Rechtsbereiche (hier: das Asylrecht).

Die Schaffung von Gesetzen, die religiöse Praktiken vom für alle anderen Bürger gültigen Recht ausnehmen, bedeutet letztlich auch eine Kapitulation des in der Tradition der Aufklärung stehenden Staates; und mehr noch: sie bedeutet, daß der Staat sich seiner Verpflichtung entzieht, alle Bürger zu schützen, und einen rechtsfreien bzw. sonderrechtlichen Raum schafft, sobald eine ansonsten strafbare Handlung religiös begründet wird.

Die Konsequenzen für andere Tatbestände – neben der Beschneidung weiblicher Genitalien etwa die gern kritisierten Praktiken neureligöser Kulte, der sogenannten „Sekten“ – sind von den Verantwortlichen offenbar in ihrer panischen Reaktion auf die Lobbyarbeit der großen Religionsgemeinschaften nicht bedacht worden.
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:: Der Feldzug wider die Gegenöffentlichkeit

Na, Ihr Lotterbande. Sitzt Ihr schon wieder nutzlos rum und lest Blogs? Tz, tz, tz – das sollt Ihr doch nicht: erklären Euch nicht seit geraumer Zeit schon die Vertreter des „Qualitätsjournalismus“, erfüllt von heiligem Ernst und Eifer, beseelt von ihrer Mission unbestechlicher Wahrheitskündung, daß die Blogszene unseriös, inkompetent und ihre Einlassungen schlecht recherchierte Stammtischpamphlete seien? Daß die im Web kursierenden Meinungen nur bauchgesteuerte Emotionalität widerspiegeln, seelische Rülpser halbgebildeter Amateure gewissermaßen? Daß allein die etablierten „Qualitätsmedien“ sorgfältige Recherche, seriöse Berichterstattung, gedanklich profunden, wohl abgewogenen und sachlichen, demokratische Meinungsbildung fördernden Kommentar des Berichteten gewährleisten? Nee also schämt Euch!

Aber im Ernst: tatsächlich tobt ja bereits seit geraumer Zeit ein „Krieg“ (so man es so nennen will, der irgendwo im Folgenden verlinkte Herr Niggemeier tut’s, Herr Sathom findet’s eher eine so erbärmliche wie oft auch lächerliche Verleumdungskampagne) der Vertreter des etablierten Journalismus sowie der Verlage, die desselben Elaborate publizieren, wider die Gegenöffentlichkeit im Web; die Zunft der Erstgenannten, so heißt es von Seiten der Propagandisten, recherchiere ordentlich, berichte sachlich, wähle kompetent aus, welche Informationen es wert seien, dem Bürger zwecks weiterer Meinungsbildung präsentiert zu werden (was oft genug in Wirklichkeit heißt: vorab auszuwählen, was dem Rezipienten kund werden dürfe, was dem Zeitgeist entspricht, Meinungen und Emotionen in bestimmte Richtungen zu lenken, widerborstige Fakten auszublenden und vorzuenthalten), die Blogpublizierenden hingegen brabbelten Stammtischgefasel vor sich hin, gleich einem in der Untergrundbahn mit Unsichtbaren schimpfenden Betrunkenen, recherchierten wenn überhaupt, dann schlampig, und seien so oder so nicht ernst zu nehmen.

Herrn Sathom ärgert diese verlogene Kampagne schon lange; denn er verfolgt die Berichterstattung in den Mainstreammedien durchaus mit klarem, gebildetem, kritischem Blick, und allzu oft findet er auch und gerade in den „seriösen“ Medien eben jenes, was den Internetpublizisten vorgeworfen wird (oder Schlimmeres) – sei es nun in  Druckerzeugnissen von unverdientem Ruf, die als qualitativ hochwertige Tages- oder Wochenpublikationen gelten, sei es inmitten dessen, was zur Hauptsendezeit im Fernsehautomaten dargeboten wird. Meinungsmache, tendenziöse Berichterstattung, die von Kommentierung kaum oder gar nicht zu unterscheiden ist, durch Tonfall des Berichtes eingefärbt, Unfug, Halbwissen, dünkelhaftes Vorurteil und vieles mehr prägen und kennzeichnen auch und gerade, was ihm allenthalben aus druckerschwarzen Abgründen wie auch aus der Glotze Flimmern entgegenschlägt. Kurz: er weiß, daß hier ein Esel den anderen Langohr schimpft, und daß, wiewohl die Vorwürfe gegenüber einem Teil der geschmähten „2.0-Bürgerjournalisten“ berechtigt sind, sie umgekehrt auf etablierte Presse und Medien(Kurt Kister in der „Süddeutschen Zeitung“) genau so gut zutreffen – nur daß diese es leugnen, und es dazumal, ehe ihr kritische Konkurrenz im Netz erwuchs, es auch nie ruchbar wurde, ihr ungerechtfertigter Ruf also unangetastet blieb. Denn aufgefallen sind Herrn Sathom der Medien Unglaubwürdigkeit wie auch Tendenzcharakter schon zu Zeiten, da an ein Internet noch nicht zu denken war (s.u.).

Kürzlich nun fand Herr Sathom im Blog des Herrn Stefan Niggemeier, des wohlbekannten Medienjournalisten, mit welchem Herr Sathom durchaus nicht immer konform geht, einen ausgezeichneten Abriß der Scheinargumente, vermittels welcher etablierte Journalistenzunft und Verlagswesen ihre Konkurrenz zu diffamieren suchen. Der Text, Wutmäander zur Qualitätsdebatte geheißen, ist lang, doch beleuchtet Herr Niggemeier darin die Scheinargumente der Hohepriester der angeblichen Qualität, und widerlegt diese Schritt für Schritt, in weit luziderer Weise und klarerer Sprache, als Herr Sathom, seinerseits dem Bandwurmsatz verfallen, es je zu tun hoffen könnte; zudem ist jene Wutmäander, ihrem Titel zum Trotz, durchaus sachlich, betont auch und zeigt auf, daß und weshalb es eines professionellen Journalismus bedürfe, und fordert lediglich, daß dieser seiner Pflicht zur Zuverlässigkeit auch nachkomme, sie tagtäglich beweise, anstatt sie qua Selbstverklärung zu behaupten, sich dabei selbst jedoch zugleich jederzeit Lügen zu strafen. Herr Sathom empfiehlt daher, diesen ausgezeichneten Text sich zu Gemüte zu führen, um so mehr, als dieser Vieles, das sich sonst vereinzelt zum Thema findet, übersichtlich zusammenfaßt.

Anfügen möchte Herr Sathom lediglich einige kommentierende Dinge; und da gleich erstens, wenn denn schon vom Kommentieren die Rede ist, Folgendes: [Weiterlesen]