Herr Sathom hat, hierin anders als der zahm gewordene Lucky Luke, eine Fluppe zwischen den Zähnen hin- und herrollend wie weiland Clint Eastwood, am Sonntag abend mal wieder arte geguckt; Thema waren Western europäischer Produktion, und wiewohl Herr Sathom die betreffenden Dokumentationen bereits kannte, genoß er sie auf’s Neue und empfiehlt dem oder der Interessierten, so sie’s verpaßten, deren Wiederholungstermine:
„Denn sie kennen kein Erbarmen“ ist eine Historie des Italo-Westerns von den Anfängen bis zur finalen Humorisierung durch Bud Spencer und Terence Hill; ein Wiedersehen mit Clint Eastwood, Franco „Django“ Nero, Lee „The Face“ Van Cleef, den Sergios Leone und Corbucci und vielen anderen Großen und Kleinen des italienischen Ballergenres – sehr zu empfehlen und voller interessanter Details und Einblicke, zu denen Interview-Ausschnitte mit Darstellern, Regisseuren und Stuntmen sowie vieles Weitere mehr zählen. So wußte man zwar schon, daß etwa Sergio Leone den Plot für „A Fistful of Dollars“ bei Kurosawas „Yojimbo“ gemaust hat, aber wer weiß, daß Kurosawa selbst durch Dashiell Hammetts „Red Harvest“ sowie eine Charlie Chaplin-Film(!) inspiriert war? Oder daß Umberto Eco einst bei der Darstellung des verbalen und kognitiven Vermögens italienischer Quizmaster der seligen 1960er keineswegs übertrieben hat, wie ein Spielshow-Auftritt des Herrn Leone zeigt, dessen gastgebender Befrager jede Antwort des Regisseurs papageienhaft wiederholen muß, ehe er die nächste Frage zu stellen vermag? (Umberto Eco: Phänomenologie des Quizmasters (Mike Bongiorno), 1961, ist übrigens ein lustiger kleiner Text, in dem man trotz seines Alters auch manche heutige Talkmaster und –mistressen wiedererkennen kann; enthalten u.a. in „Platon im Striptease-Lokal“, München 1995 (DTV).) Wiederholt wird die Dokumentation am 04.08.2010 um 03:00 Uhr nachts, eine Zeit für den VHS- oder DVD-Recorder, damit das Teil auch mal wieder zu was nütze ist.
Am 09.08. hingegen gibt’s um 01:25 Uhr noch einmal „Der Gehetzte der Sierra Madre“ mit Lee Van Cleef und dem hierzulande leider wohl weniger bekannten Tomás Milián (einem hervorragenden und intensiven Darsteller mit virilem Charisma, der hierzulande vielleicht auch deswegen unterschätzt wird, weil er sich zwischenzeitlich leider mit blöden, für den deutschen Videomarkt idiotisch synchronisierten „Superbullen“-Filmen durchschlug, obwohl er auch in Filmen wie Boccaccio 70, Amistad oder JFK auftrat und unter Antonioni und Bertolucci spielte (und übrigens auch in „Miami Vice“ einen kurzen Gastauftritt hatte); auch er kann übrigens in o.g. Doku im Interview bewundert werden).
Eine weitere am Sonntag abend ausgestrahlte Sendung wird übrigens ebenfalls am 09.08., jedoch um 11:10 Uhr (that’s vormittags, Kids) wiederholt: „Winnetou darf nicht sterben“ – ein nur scheinbar uncooles Thema. Denn behandelt wird nicht nur, wie die Rolle des „Winnetou“ dem unglücklichen Pierre Brice viele weitere Karrierechancen vermasselt hat; die Dokumentation bietet darüber hinaus erhellende Einblicke in eine verdrängungsfreudige und eskapistische Periode bundesdeutscher Geschichte, in der es nicht nur möglich war, daß sich Western und Heimatfilm lästerlich paarten, sondern auch, daß ein Filmproduzent, weil er – ausnahmsweise mal werkgetreu – die Karl May-Figur des deutschesten aller Apachen in „Winnetou III“ sterben ließ, widerlichste Schmähschriften (darin er etwa als „Affe“, „Idiot“ oder gar „Abschaum“ tituliert und mit „Pfuis“ bedacht ward) betrogener Empörter erhielt. Die „Bravo“ startete damals eine Kampagne unter dem Motto, daß der „Edelmensch“ (was für ein Wort) Winnetou nicht sterben dürfe, und Schauspieler Rik Battaglia, der des Häuptlings Mörder spielte, fand sich in Deutschland plötzlich persönlich gedisst und aus Kreisen, darin er zuvor verkehrte, ausgeschlossen (und zwar auch von Inhabern höheren sozialen Status und einiger Bildung, wie er sich im Interview verwundert), dieweil der Mob per Postversand tobte – Schlaglichter auf die seelische und geistige Verfassung eines Volkes zu einer bestimmten Zeit, da andachtsvolles Schwärmen für einen veredelten Menschentypus und bereitwilliges Verfallen in Beschimpfungen, die sumpfgasblasengleich übelriechendsten Kloaken dumpfen Volksempfindens entsprangen, noch dicht beieinander lagen.
Oh, und der gealterte, nachdenklich-melancholisch wirkende Pierre Brice ist übrigens gar kein so unsympathischer Bursche, findet Herr Sathom.
Soviel dazu; was arte angeht, übrigens noch ein kleiner Hinweis für Jene, die’s noch nicht gemerkt haben: der Sender strahlt derzeit auch die 60er-Jahre-Kultserie „The Prisoner / Nummer 6“ aus, allsamstäglich nachts jeweils in Blöcken à drei Folgen. Die wildwütigen Kaugummiblasen sind also wieder auf Menschenjagd, wer mag, kann sich’s reinziehen.